Doktor am Telefon

d'Lëtzebuerger Land du 05.09.2025

Die Idee klingt gut: Die Gesundheits- und Sozialministerin will einen „Télésuivi“ einführen. Ärztinnen würden Patienten die Resultate von Laboranalysen oder radiologischen Untersuchungen am Telefon erläutern, die Krankenversicherung dafür aufkommen. Bisher ist das ausgeschlossen. Martine Deprez (CSV) geht davon aus, dass manche Ärzte das sowieso tun, während andere zu einer Konsultation bitten. Als Kassenleistung, schätzt sie, würden Telefonauskünfte systematischer und die Primärversorgung gestärkt. Würden Télésuivis Konsultationen ersetzen, wäre das ein Effizienzgewinn, vielleicht auch pekuniär: Eine Konsultation beim Allgemeinmediziner beispielsweise kostet 61 Euro zum derzeitigen Indexstand. Mit 21,55 Euro wäre der Télésuivi preiswerter. Das Telefonat soll höchstens fünf Minuten dauern dürfen.

Obwohl der Regierungsrat Deprez’ Entwurf für eine großherzogliche Verordnung schon im Februar zugestimmt hat, hängt der Télésuivi noch in der Luft. Wann er in Kraft trete, sei „nicht genau abzusehen“, teilt das Ministerium mit. Der Verwaltungsrat der CNS müsse noch über den „taux de prise en charge“ entscheiden.

Für eine Arztleistung ist das ungewöhnlich. Arztkosten trägt die CNS üblicherweise zu 88 Prozent, für Kinder ganz. Doch womöglich kostet der Télésuivi eine Stange Geld. Wie viele Ärzte mit Patienten einfach so telefonieren, ist unbekannt. Das Ministerium rechnet für die Krankenversicherung mit Mehrkosten von drei Millionen Euro durch den Télésuivi – in einem „mittleren Szenario“ und zu einer Zeit, da der CNS das Geld ausgeht.

Kein Wunder, dass Salariatskammer und Handelskammer das der Ministerin im Juni und Juli in Gutachten zum Verordnungsentwurf vorhielten, stellvertretend für Gewerkschaften und UEL im CNS-Verwaltungsrat. Der Télésuivi werde zu einer „cagnotte“ für die Ärzte, so die CSL. Er berge „un risque de dérive“, so die Handelskammer, da ein Kontrollmechanismus fehle. Was Martine Deprez in ihrem Entwurf einräumt: Der Télésuivi könne erst in Kraft treten, wenn das digitale Bezahlsystem PID „le risque d’erreur et de fraude“ begrenze. Nun aber soll nicht das PID Vorbedingung sein, sondern die klassische Rechnung, die zur Kostenerstattung eingeschickt wird, erklärt die CNS dem Land. Sie fürchtet offenbar, für ganz viele Telefonate bezahlen zu müssen.

Was eine spannende Abstimmung im CA der CNS über den „taux de prise en charge“ erwarten lässt, beziehungsweise über die Eigenbeteiligung des Patienten. Deprez’ Entwurf suggeriert, sie aus pädagogischen Gründen auf 30 Prozent festzulegen wie beim Kiné. Die CSL empörte sich, so eine Empfehlung stehe der Ministerin nicht zu, das sei Sache des CA der Kasse. Oder ist die Aufregung am Ende unnötig? Dem Staatsrat ist aufgefallen, dass es Télésuivi nur „en cas de nécessité de traitement ou d’adaptation thérapeutique suite à l’obtention des résultats“ geben soll, also offenbar nicht bei „normalen“ Resultaten. Die Frage, wie das kontrolliert werden soll, erspart der Staatsrat seiner früheren Kollegin Martine Deprez. Aber er glaubt, „ledit dispositif risque de rester en partie lettre morte“.

Peter Feist
© 2025 d’Lëtzebuerger Land