Leitartikel

Mission Accomplished!

d'Lëtzebuerger Land vom 20.04.2018

Am Dienstagmorgen dieser Woche trafen Inspektoren der Organisation für das Verbot chemischer Waffen im syrischen Duma nahe Damaskus ein, um Vorwürfen nachzugehen, die syrische Armee habe dort am 7. April drei Dutzend Menschen bei einem Giftgasangriff getötet. Um den Inspektoren der von 192 Staaten getragenen Organisation zuvorzukommen, beschoss drei Tage früher die US-Armee mit Unterstützung der britischen und französischen Armeen drei als Chemiewaffenlabors bezeichnete Anlagen in Syrien. Da die Bombardierung der drei Anlagen ohne Beschluss des Weltsicherheitsrates erfolgte, war sie völkerrechtswidrig. Die Regierungen der USA, Großbritanniens und Frankreich übergingen – neben ihren jeweiligen natio­nalen Parlamenten – den Weltsicherheitsrat, weil sie dort das Veto verschiedener Mitgliedstaaten befürchteten. Aber das ist nun einmal der Sinn eines Vetorechts, um so mehr als der Weltsicherheitsrat auch schon einmal einen US-Außenminister eine Ampulle mit irakischen Massenvernichtungswaffen schwenken sah, die es gar nicht gab.

Der Erfolg der Militäraktion ist zweifelhaft, wenn man ihn an daran misst, ob die syrische Armee künftig in der Lage ist, Chemiewaffen zu produzieren oder einzusetzen. Denn nach der Zerstörung der Anlagen wurde weder von Toten oder Verletzten, noch vom Austritt von Chemikalien berichtet, so dass nicht einmal klar ist, ob die Labors überhaupt in Betrieb waren. Die Angriffsziele schienen vielmehr so ausgewählt worden zu sein, dass sie möglichst weit entfernt von Stützpunkten der russischen Armee und iranischer Truppen lagen, um jeden militärischen oder diplomatischen Kollateralschaden zu vermeiden. Zum Dank sahen die russischen Truppen regungslos zu.

Die US-Regierung hätte mit dem Angriff schon gerne zeigen wollen, dass sie der letzte verbliebene Weltgendarm ist, aber ihr fehlen die Mittel dazu. Der Versuch, eine Opposition zum Sturz der Regierung in Damaskus auf die Beine zu stellen und zu bewaffnen, ist dem Kampf gegen islamische Gotteskrieger und dem Kampf des Nato-Partners Türkei gegen die Kurden zum Opfer gefallen. Dagegen will die russische Regierung nach dem Regimewechsel in Irak und Libyen, dem sie ohnmächtig zusah, nicht auch noch ihren syrischen Verbündeten und ihre Stützpunkte am Mittelmeer opfern, sondern wieder eine Rolle im Nahen Osten spielen.

Über das verständliche Entsetzen angesichts eines möglichen Giftgasangriffs hinaus ist die Luxemburger Regierung, wie immer, hin und her gerissen. Selbst in der stets so atlantischen DP sterben die alten Kämpfer langsam aus, die als Dank für die Befreiung im September 1944 den USA blind vertrauten. Präsident Donald Trump hat das Ansehen der USA so weit heruntergewirtschaftet, dass selbst den Kalten Kriegern in der CSV und im Luxemburger Wort das Lob für jede Militäraktion des mächtigen Verbündeten nicht mehr leicht über die Lippen kommt. Ihnen allen ist inzwischen eine neue Generation gefolgt, die statt eines neuen Kalten Kriegs mit Russland lieber verstärkte Wirtschaftsbeziehungen unterhält.

So fällt dem militärischen Abenteuer der drei innenpolitisch unterschiedlich geschwächten Regierungen in Washington, London und Paris vor allem eine symbolische Bedeutung zu, das heißt sie drückt den größtmöglichen Zynismus aus: Der seit sieben Jahren wütende Bürgerkrieg in Syrien darf ihrer Auffassung nach unbegrenzt weitergehen, so lange dabei auf Senf- und Chlorgas verzichtet wird. Und er geht so lange weiter, wie sie sich weigern, zusammen mit der syrischen, russischen und iranischen Regierung eine Lösung zu seiner Beendigung zu suchen.

Romain Hilgert
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