Kleine Regierungsumbildung

Der eiserne Besen

d'Lëtzebuerger Land vom 03.04.2015

Premier Xavier Bettel hatte sich am Freitag während des Pressebriefings nach der Kabinettsitzung 20 Minuten Zeit gelassen, um möglichst beiläufig eine diskrete Regierungsumbildung anzukündigen, die zweite, seit DP-Staatssekretär André Bauler vor einem Jahr aus gesundheitlichen Gründen sein Amt aufgab. Dessen Nachfolger im Hochschulministerium, Marc Hansen, erhalte ab sofort auch „Kompetenzen und Unterschriftsbefugnis“ im Wohnungsbauministerium, so Xavier Bettel. Dort solle er Ministerin Maggy Nagel „Hilfe leisten“, die selbstverständlich eine „exzellente Arbeit verrichte“, aber wegen der Nachlässigkeit ihrer Vorgänger so viele neue Initiativen und Projekte vorantreiben müsse, dass Unterstützung willkommen sei. Schließlich sei der Wohnungsbau „eine absolute Priorität“ der Regierung.

Der Darstellung des Regierungschefs und liberalen Parteipräsidenten fehlt es etwas an Überzeugungskraft. Denn ausgerechnet am Wochenende vor der Entsendung Marc Hansens hatten die Koalitionspartner auf dem sozialistischen und dem grünen Parteitag öffentlich ihre „Ungeduld“ mit der Amtsführung der Wohnungsbauministerin geäußert, die nach einem Viertel der Legislaturperiode noch nichts aufzuweisen habe. Und sie „statt mit dem Bagger über Baustellen lieber mit dem Bagger durch ihr Ministerium fährt“, wie es am Samstag auf dem CSV-Kongress hieß. Ausschlaggebend für die kleine Regierungsumbildung dürfte aber gewesen sein, dass sich selbst in der DP Unmut darüber breitmachte, dass Maggy Nagel sich zwar gerne als resolute Macherin darstellt, aber in Wirklichkeit aufführt wie der Elefant im politischen Porzellanladen. Seit sie als erste Amtshandlungen ohne Vorwarnung eine Ausstellung über den Ersten Weltkrieg und eine Konzerttournee des Philharmonischen Orchesters absagte, scheint sie sowohl im Kultur- wie im Wohnungsbauministerium lieber abzureißen, als aufzubauen, sei es den Wohnungsbaupakt oder die Konventionen mit Kulturvereinen, lieber Konflikte zu provozieren, als beizulegen, wie zuletzt den Kleinkrieg mit dem Präsidenten des Wohnungsbaufonds.

Aber es ist sicher ungerecht, daraus der Ministerin nun einen Strick zu drehen. Denn die ehemalige Kommunalpolitikerin, die gerne auf einen groben Klotz einen groben Keil setzt, versucht nur, die Rolle zu spielen, die ihr von der Koalition auf den Leib geschrieben wurde: der Frau mit dem eisernen Besen. Nach dem Vorbild nicht einer zurückhaltenden, großen Staatsdienerin, sondern eher einer energischen, liberalen Geschäftsfrau soll sie ohne falsche Sentimentalität überall den Sparstift ansetzen, wo es nicht gerade Freunde der Partei trifft. Außerdem soll sie in einigen traditionellen Hochburgen des CSV-Staats möglichst geräuschvoll aufräumen, um dem ganzen Land die politischen Altlasten der Christlich-Sozialen vorzuführen.

Für das nicht so wichtige Kulturressort reicht das aus. Denn seit der großen Krise sind die Zeiten vorüber, da eine Kulturministerin gleich welcher Couleur sich mit großzügigen Zuschüssen in die Herzen der zunehmend verbeamteten Kulturschaffenden einkaufen konnte. Für das Wohnungsbauressort genügt das aber nicht. Denn die hohen Wohnungspreise bereiten inzwischen selbst den 2009 von der DP heftig umworbenen jungen Mittelschichtenfamilien schlaflose Nächte, und die Unternehmerverbände klagen, dass Mieten und Grundstückspreise die Reproduktion der Arbeitskraft verteuern und so das Lohnniveau in die Höhe treiben. Anderthalb Jahre nach den Wahlen fand die DP also, dass zumindest im Wohnungsbauressort auch Konstruktives geleistet werden müsste, und entsandte ihren Staatssekretär im Hochschulministerium ins Wohnungsbauministerium. Dort sowie in den abhängigen Einrichtungen soll er zwar nicht die Ertragshaus- und Grundstücksbesitzer ruinieren, aber zur Abwechslung wenigstens Akten lesen und die Gemüter beruhigen .

Romain Hilgert
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