Planen das große Frankreich und das kleine Luxemburg gemeinsam Großes? Am Freitag letzter Woche trafen sich in Metz der Präfekt Lothringens, Bernard Niquet, und Luxemburgs Innen- und Landes-planungsminister Jean-Marie Halsdorf. Sie vereinbarten, meldete AFP anschließend, ein 2 000 Hektar großes Areal in „Alzette-Belval, au nord de la Moselle“ zu erschließen – als eine grenzüberschreitende „éco-agglomération“, die, so Präfekt Niquet, als „vitrine du développement durable dans le nord lorrain“ dienen solle. Zu diesem Zweck werde bald schon ein Groupement européen de coopération territoriale (Gect) gebildet werden, und zwar von „le Luxembourg et la France“. Dieses Gect werde sogar eines der ersten EU-weit werden.
Bisher war immer nur die Rede davon, dass die Südgemeinden Esch/Alzette, Schifflingen, Monnerich und Sassenheim mit acht französischen Grenzgemeinden ein solches Groupement gründen wollen. Ein grenzüberschreitender Gemeinderat verabschiedete dazu Anfang Juni eine offizielle Absichtserklärung. Die zwölf Kommunen streben sehr wohl einen gemeinsamen Ansatz zum Standort Belval an, auch auf dessen französischem Ausläufer. Dazu will man die jeweiligen kommunalen Bebauungspläne aufeinander abstimmen. Kayl und Rümelingen sind inzwischen als Beitrittskandidaten zum Gect im Gespräch. All das sind jedoch keine so hochfliegenden Pläne, wie die von einer „éco-agglomération“ auf französischer Seite. Von der hat die Escher Bürgermeisterin Lydia Mutsch noch nichts gehört, erklärt sie dem Land.
Kein Wunder, denn die Pläne reiften offenbar in der lothringischen Präfektur und bei der Regierung in Paris: beim „Zentralstaat“, wie Innenminister Halsdorf es gegenüber dem Land nennt. Und weil der Zentralstaat im großen Frankreich viel mächtiger ist als der Staat im kleinen Luxemburg, wurde der Innenminister von Letzterem sehr kurzfristig nach Metz zum Präfekten eingeladen. Gerne hätte er die vier am Gect interessierten Luxemburger Gemeindeoberen mitgenommen. Doch so auf die Schnelle fühlten die sich „zum Präfekten zitiert“, erinnert Lydia Mutsch sich.
Und so begleitete kein Bürgermeister den Innenminister nach Metz. Zumal die Bürgermeister der vier Gect-Gemeinden in spe vier Tage zuvor ganz verblüfft waren, als ihnen der Innenminister eine Liste übergab, auf der sie die Prioritäten für das von ihnen mit den französischen Partnern noch zu gründende Gect verzeichnet fanden; Prioritäten, an die sie noch nie gedacht hatten: den Bau der Straße Belval-Micheville zum Beispiel. Als die Escher Bürgermeisterin anbot, die Liste mitzunehmen, damit der nächste grenzüberschreitende Gemeinderat sie diskutieren könne, habe Halsdorf insistiert, sie dem Präfekten übergeben zu wollen.
Denn wenn der französische Zentralstaat sich schon so weit entscheidet, dass die Pläne bis zum Präfekten gelangen, dann ist das „eine Gelegenheit, sich einzuklinken“ – da hat Jean-Marie Halsdorf wohl Recht. Bleibt ihm nur noch, den Gect-Akteuren zu erklären, worum es geht: Mit ausdrücklichem Wohlwollen von Premier François Fillon will Lothringen sich um die Ansiedlung einer jener zehn „Écopolis“ bewerben, die der Attali-Bericht im Oktober 2007 als eine der Maßnahmen zur „libération de la croissance française“ aufgeführt hatte: Mittelstädte, in denen mindestens 50 000 Einwohner und „technologies vertes“ miteinander koexistieren würden. Vielleicht könnte eine solche Écopolis gegenüber von Belval-West entstehen, meint Jean-Marie Halsdorf.
Und wozu dieses Groupement européen de coopération territoriale? Weil es eine neue Rechtsform ist, in der alle möglichen öffentlichen Rechtsträger gleich welcher EU-Staaten sich zusammenschließen und ohne Umwege über einen Zentralstaat Mittel aus EU-Strukturfonds beantragen können. Als Initiatoren einer Struktur, über die Geld aus Brüssel zu fließen verspricht, sind Gemeinden selbstverständlich willkommen, für den großen französischen Zentralstaat wie für den kleinen Luxemburgs.