Nach dem EU-Klimaschutzgipfel

Die Systemfrage

d'Lëtzebuerger Land du 15.03.2007

„Nach vorn blicken“ müsse man nun und „nicht jammern“,meinte Umweltminister Lucien Lux (LSAP), als er am Montagden EU-Gipfel von letzter Woche resümierte, der ein Energie- und Klimaschutzgipfel war. Damit machte er sich auch selber Mut. Denn kaum haben sich die Wogen um den zweiten Allokationsplan der CO2-Zertifikate an besonders emissionsintensive Industrien halbwegs gelegt, steht die nächste schwierige Übung bevor: Die EU muss bis zum Herbst klären, mit welcher unionsinternen Lastenteilung ihre Einsparverpflichtung von minus 20 Prozent CO2 bis zum Jahr 2020 erreicht werden soll. Steht das nicht fest bis zur nächsten Kioto-Folgekonferenz im Dezember in Bali, dann wird Europa es schwerer haben, sich als Welt-Klimaschutzvorbild zu empfehlen. Entsprechend bald beginnen die Verhandlungen zwischen EU-Kommission und Mitgliedstaaten über die jeweiligen nationalen Beiträge zum Einsparvorhaben.

Vorbereitet ist Luxemburg darauf schlecht. Nicht nur, weil es schonjetzt Rückstände bei der Umsetzung des ersten Nationalen CO2-Aktionsplans vom Mai 2006 gibt und am 1. Januar 2007 nicht alles vorlag oder initiiert war, was der Aktionsplan vorsah, wie der Mouvement écologique am Mittwoch akribisch aufzählte.Sondern auch, weil die Regierung sich in Sachen Klimaschutz und Energieeffizienz so gut wie alle Optionen offen halten will. Das Territorialprinzip gehöre „hinterfragt“, wiederholte Lucien Lux am Montag. Die Emissionen aus dem Tanktourismus dürfe man nicht mitschleppen müssen „wie einen nassen Schwamm“.

Doch wenn anstatt des Territorialprinzips das so genannteVerbrauchsprinzip gelten würde, fiele zwar der Treibstoffexportnicht mehr negativ ins Gewicht, positiv im Gegenzug im Landeselbst umweltfreundlich produzierter Strom. Aber eben auchder Stromverbrauch. Und der wächst Jahr für Jahr um drei bisvier Prozent, und er ist nach derzeitigen Zahlen hoch genug,dass Luxemburg sein Kioto-Ziel 2012 zwar nicht um 50 Prozentverfehlen würde, wie bei Einbeziehung des Treibstoffexports,aber immerhin noch um 25 Prozent. Daraus ein CO2-Reduktionsprojekt mit Horizont 2020 zu schmieden, ist alles andere als leicht. Weil bis dahin laut IVL-Konzept der Autoverkehr im Inland um bis zu 30 Prozent gegenüber 2002 zunehmen dürfte und auch weiterhin in die CO2-Bilanz schlägt, ist eine Spar-Strategie für daheim verfahrenen Sprit und für Strom gefragt. Denn auch ohne „Tanktourismus“ ist das Großherzogtum mit 15,2 Tonnen pro Einwohner der größte Pro-Kopf-Emittend der EU; Zweitplatzierter Deutschland kommt auf 10,4 Tonnen.

Aber auch diese Frage stellte sich, wenn alle Energieverbräuchebetrachtet würden: Ist ein Wirtschaftswachstum von mindestensvier Prozent jährlich, das seit den Rententischbeschlüssen alsanzustreben gilt, vereinbar mit Klimaschutz und Energiesparen;kann es ein Wachstum bei sinkendem Energieverbrauch geben?– Am Ende müsste auch der kleine Luxemburger Kapitalismus,allen Behauptungen über das Atypische zum Trotz, zeigen,wie reformfähig er ist angesichts des Global warming

 

Peter Feist
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