Kulturgut

d'Lëtzebuerger Land du 09.12.2022

Der Architekt Meinhard von Gerkan ist tot. Er starb am 30. November in Hamburg im Alter von 87 Jahren. „Ich wurde Architekt aus Leidenschaft und bin es seitdem immer geblieben“, betonte der Mann mit der Brille und dem vollen weißen Haar gelegentlich einer Konferenz in Luxemburg.

Sein Büro GMP (Gerkan, Marg und Partner), das er zusammen mit Volkwin Marg 1965 gegründet hatte, gehört zu den erfolgreichsten deutschen Architekturbüros mit internationaler Reputation. Schon im Gründungsjahr gewannen von Gerkan (damals 30 Jahre jung) und sein Partner Volkwin Marg mit ihrem Entwurf den internationalen Wettbewerb für den Flughafen Tegel, der bei vielen bis heute Kultstatus als „Flughafen der kurzen Wege“ genießt. Kurz darauf gewannen von Gekan und Marg den Wettbewerb für ein „Centre sportif“ in Diekirch.

Sein Partner Volkwin Marg schrieb zum 80. Geburtstag von Meinhard von Gerkan: „Meinhard und ich mieteten sofort in Hamburg ein 1-Zimmer-Büro, ohne auch nur einen Tag angestellt gewesen zu sein. Naiv inserierten wir im Hamburger Abendblatt‚ ‚Architektenzeichnungen fertigen billigst, Tel.: 451026‘. Darauf meldete sich nur ein Taxifahrer für seinen Garagenumbau. Aber bauen konnten wir noch gar nicht. Das lernten wir erst durch Rolf Störmer aus Bremen, der uns mit zwei Wettbewerben beauftragte, die wir auch gewannen. Er war so fair, uns namentlich zu nennen und mit uns eine Arbeitsgemeinschaft zu bilden. So entstanden als unser Praxistest das Sportforum Diekirch in Luxemburg unter Meinhards Verantwortung und das Max-Planck-Institut für Aeronomie und Stratosphärenphysik im Harz unter der meinen.“

„Als junge Architekten wollten Meinhard und ich in den BDA aufgenommen werden, um auch standesgemäß zur Architekturelite zu gehören. Unser Aufnahmeantrag beim BDA Hamburg gestaltete sich delikat. Wir wurden gefragt, ob wir es nicht für etwas ehrenrührig hielten, inkognito für andere Architekten als Entwurfs-U-Boote zu agieren. Wir waren in unserer Arglosigkeit zu verblüfft, um die Gegenfrage bezüglich der uns beauftragenden BDA-Mitglieder zu stellen.“

Die Arbeit der Architekten müsse „darauf gerichtet sein, Architektur dem Denk- und Handlungsraum von Konsumware zu entreißen und ihr die Wertstelle von Kulturgut zu geben“, forderte von Gerkan anlässlich seiner Antrittsvorlesung an der Technischen Universität Braunschweig. Sein Prozess um den Berliner Hauptbahnhof gilt als legendär. Mit seiner Klage gegen die „mutwillige, nicht abgestimmte Verschandelung“ schuf er einen spektakulären Präzedenzfall des Architekten-Urheberrechts (2006).

Zurück nach Luxemburg. Das Reglement des Wettbewerbs für ein „Centre sportif“ in Diekirch war seinerzeit von der Architektenschaft heftig beanstandet worden (d’Land, 26.3.1965). Das Diekircher Sportforum wird zurzeit von SWA Architectes saniert. Gerkan, Marg & Partner realisierten zusammen mit Beng Architectes das 2021 eingeweihte „Stade de Luxembourg“ am Cloche d’Or.

Alain Linster
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