Ja, es ist immer wieder schön, wenn Politiker für ihre Leistungen geehrt werden. Das setzt natürlich voraus, dass sie auch wirklich etwas geleistet haben und die Ehrung verdienen. Diese Grundbedingung scheint hierzulande nicht zu gelten. Wir treiben lieber eine Art kompensatorischen Nationalsport: Jeder Zwerg wird zum Riesen aufgeblasen, jeder Ladenhüter zum Novum hochstilisiert. Das liegt wohl an unserem geopolitischen Minderwertigkeitsgefühl. Wir plustern uns auf, um sichtbar zu bleiben. Miniaturstaaten wie Luxemburg unterliegen irgendwie dem Zwang, selbst Nichtigkeiten so aufzublasen, dass sie wie Großereignisse aussehen.
In Contern wurde feierlich eine „Place Luc Frieden“ eingeweiht. Wieso? Was ist der Anlass? Wurde der neue Platzhalter im Katar zum Honorarscheich ernannt? Ist er Ehrenvorsitzender des IKPV (Internationaler Kreis der Parlamentsverächter) geworden? Hat ihn die Deutsche Bank nachträglich zum „senior concealment fellow“, also zum herausragenden Verschleierungsmitarbeiter erklärt? Oder hat ihm die AAS (Académie des Anciens du Spëtzeldéngscht) die Ehrendoktorwürde verliehen?
Nichts von alldem. Die Erklärung ist bestürzend banal. Unmissverständlich hat die Bürgermeisterin von Contern betont, wieso eine Place Luc Frieden mitten im Dorfkern sich geradezu aufdränge: Herr Frieden wohne seit über 30 Jahren in der Gemeinde, man könne ihm immer mal wieder auf den Dorfstraßen begegnen. Diese Argumentation ist schlicht entwaffnend und zugleich riskant. Denn sie bedeutet ja, dass jeder Einwohner, der sich nachweislich seit über 30 Jahren in Contern aufhielt und sich auch als Fußgänger bisweilen an die frische Luft begab, im Prinzip Anrecht auf einen eigenen Platz hat. Die Gemeinde wird sich vor lauter Platzeinweihungen nicht mehr retten können. Bald wird Contern zum weltweit dorfplatzintensivsten Flecken aufsteigen. Das ist hochgradig guinnessbuchverdächtig und wird Abermillionen von Touristen anlocken.
Doch diese Touristen werden sich die Augen reiben. Auf der Place Luc Frieden fehlt zum Beispiel jeder Hinweis auf den Namensgeber. Keine Information, um wen es sich hier handelt, kein erläuternder Zusatz, nichts. Nur „Luc Frieden“ und fertig. Ist dieser Luc Frieden ein Mann ohne Eigenschaften?, werden sich die Touristen fragen. Da kommen wir der Sache schon näher. Friedens Alleinstellungsmerkmal jedenfalls ist eine geradezu bohrende Machtbesessenheit. Das könnte man doch auf dem Namensschild vermerken, oder nicht? Etwa „Place Luc Frieden – Maniaque du Pouvoir“? Immerhin plant der politisch befreundete Escher Schöffenrat eine Umbenennung des Brillplatzes in „Place Pim Knaff – Génie fiscal“. Warum inspirieren sich die Politiker aus Contern nicht an dieser mutigen Initiative?
Dabei liefert der neue Platzherr selbst steile Vorlagen für eine präzisere Kennzeichnung: „Place Luc Frieden – Consolateur des riches, persécuteur des pauvres“ zum Beispiel. Das hätte zumindest etwas schön Provokantes, ganz im Sinne der neuen Regierungspolitik. Wir erinneren uns genau, wie sich der CSV-Kandidat Frieden kurz vor den Parlamentswahlen von einem landbekannten Baulöwen zum Geburtstagsbankett einladen ließ. Mit seiner demonstrativen Präsenz signalisierte er dem erlauchten Kreis von Besserverdienern: Ich bin euer Mann. Ich bin für euch da. Sollte ich Regierungschef werden, dürft ihr euch vor Freude die Hände reiben. Genauso ist es gekommen. Im Baulöwenlager herrscht dank Frieden eitel Sonnenschein.
Die hausgemachte nationale Wohnungsnot ist also behoben. Oder nicht? Immerhin beweist die Bürgermeisterin von Contern einen gewissen Sinn für makabren Humor, um nicht zu sagen für obszöne Pointen, wenn sie einen Ortsansässigen ausgerechnet und exklusiv fürs Wohnen mit einem Ehrenplatz auszeichnet. Wie klingt denn das? Qualifikation: Wohnender? Herr Frieden kann sich das Wohnen ja leisten. Das können Abertausende Landsleute nicht. Wenn einerseits die Bekämpfung der krassen Wohnungsnot zur politischen Priorität erklärt und andererseits der Regierungschef himself für sein privates Wohnen belohnt wird, ist irgendwo ein Knoten in der Leitung. Herrn Frieden wird es nicht stören. Vermutlich pilgert er immer sonntags nach dem Hochamt mit seiner Gattin zur Place Luc Frieden und genießt seine umwerfende Berühmtheit. Siehst du, Marjolijne, jetzt bin ich als sauber asphaltierter Dorfplatz auferstanden. Ich bin so stolz auf mich. Sei dankbar, du hast einen unschlagbaren Gatten. Wollen wir uns nicht ein Weilchen im Schatten meiner selbst niederlassen?
Schauen wir genauer hin. Dieser leere Frieden-Platz ist ein Grundstück in zentraler Lage. Eine hochwertige Baulücke also. Warum baut die Gemeinde Contern hier nicht? Statt die Fläche brachliegen zu lassen, könnte sie ein paar Tiny Houses für einheimische Soziallohnempfänger errichten. Oder für zugewanderte Kriegsflüchtlinge. Und das Areal folgerichtig „Place de la Solidarité“ nennen. Warum muss partout ein abgehalfterter Deutsche-Bank-Flüchtling mitten in Contern Baugrund blockieren? Ach, das sind nur vergebliche Gedankenspiele. Wenn wir nämlich lesen, dass auch die LSAP-Schöffin aus Contern der Ehrerbietung an den politischen Erzfeind Frieden zustimmte, können wir nur schlussfolgern: Do ass awer eng gewalteg Wurrel am Parteientirang.
Doch wir müssen neidlos gestehen: Herr Frieden ist der kapitale Hecht im Regierungsteich. Das wundert uns nicht, denn er hat sich vorsorglich mit lauter kleinen Zierfischen umgeben, neongrünen Zwergbärblingen ohne jeglichen Nährwert. Nur seinen Finanzminister muss er im Auge behalten. Denn dieser Kerl, der einzige Goldfisch im Sortiment, hat das Zeug, die Kunst der Selbstbewunderung noch weit stärker als Frieden auf die Spitze zu treiben. In Sachen Egomanie macht ihm so bald keiner was vor. Er ist ein abgehärteter Selbstdarsteller.
Dankenswerterweise hat das Online-Portal reporter.lu in seiner satirischen Sonntagsrubrik „Retrospect“ eine unerhört weltbewegende Begebenheit publik gemacht: Am 12. Mai 2024 um 20.08 Uhr postete Herr Gilles Roth, Finanzexperte in Friedens Regierung, auf Facebook ein Selfie mit dem Zusatz: „Sonndes Owes … warden op eng Pizza.“ Garniert hat er die Textzeile mit drei fröhlichen Emojis.
Wie bitte? Das Warten auf eine Pizza als staatsmännischer Akt? Was um alles in der Welt will uns der Herr Minister sagen? Etwa: Seht mich an, ich bin wie ihr, also sehr volksverbunden, am Sonntagabend packt mich die Pizzalust, da geht der Heißhunger mit mir durch, das muss ich unbedingt dokumentieren, es ist so cool, auf meiner Terrasse den Populisten zu mimen? Oder: Hier bin ich, hier steh’ ich, hier sollt ihr mich bewundern, ich bin so unsagbar einmalig, mir fehlen die Worte, also zeig’ ich euch meinen markanten Kopf? Doch wer weiß, vielleicht haben wir demnächst Anrecht auf ein alternatives Roth-Foto mit der Textzeile: „Sonndes Owes … warden op e Geeschtesblëtz.“ Aber das kann dauern.
Dieses Pizzafan-Foto jedenfalls ist eine echte Rarität, ein Kleinod sozusagen. Denn es zeigt einen amtierenden Politiker im Moment der Selbstentblößung. Und zwar in Nahaufnahme. Auf Anhieb fällt auf, dass Herr Roth vermutlich mit der Kamerafunktion seines Smartphones nicht umgehen kann. Sein Gesicht wirkt verzerrt, er sieht wirklich sehr unvorteilhaft aus, jedenfalls ganz anders als auf seinen retuschierten und geglätteten Wahlkampfporträts. Hier blicken wir in das Antlitz eines ungeschminkten Luxushungerleiders. Wou bleift dann nëmmen dee Pizzafuzzi? Elo waarden ech schonn iwwert eng hallef Stonn! Da macht sich Unmut breit in seinen Zügen, eine Mischung aus Gier und Ungeduld. Warum nur besteht er darauf, sich in ein derart schlechtes Licht zu rücken? Oder will er nur öffentlich die „Fiseminn“ eines hemmungslosen Wohlstandsbürgers vorführen, dem vor lauter Blasiertheit die Backen schwellen?
Zugegeben, wir sollten nicht kleinlich sein. Am 12. Mai 2024 um 20.08 Uhr war ja nichts Nennenswertes los in der Welt. Nur ein paarhundert Millionen Kriegsopfer, Flüchtende, Geknechtete und Entrechtete weit jenseits des luxemburgischen Miniaturuniversums. Alles Peanuts. Von diesen weltpolitischen Quertreibern lässt sich ein Pizzaliebhaber wie Herr Roth nicht den Sonntagabend verderben. Es steht ja fest: All diese Unglücksraben haben mit Pizza ohnehin nichts am Hut.
Wechseln wir kurz die Perspektive. Während der Minister seiner Fütterung entgegenfiebert, ist der Pizzalieferant unterwegs. Er kurvt mit seinem Mobil durch das baulich grausam verunstaltete Mamer und fragt sich vielleicht: Ist mein Kunde nicht zufällig jener Herr, der bis vor kurzem Bürgermeister dieser Gemeinde war? Hat man ihn nicht zum Landesmeister im Schuldenmachen gekürt, sozusagen zum nationalen „Scholdaasch“ schlechthin mit einer sagenhaft desaströsen kommunalen Bilanz? Hat er nicht eindrucksvoll bewiesen, dass er von wirtschaftlicher Ausgewogenheit und Nachhaltigkeit keinen blassen Schimmer hat? Kurz gesagt: Dieser Herr ist ein Finanzgenie. Jedenfalls im Verständnis des Herrn CEO Frieden, der ja selber ein Genie im Phrasendreschen und Sprücheklopfen ist, mit einer verbrieften politischen Glanzleistung: Parlamentsflucht mit Bankgarantie. Er umgibt sich folgerichtig mit lauter anerkannten Genies. Herr Roth zum Beispiel kommt als quasi überqualifizierter Finanzminister ins Frieden-Kabinett. Wie gesagt: Nichts als blendende Genies.
Diese Kabinettsmitglieder müssen nichts beweisen und nichts rechtfertigen. Als ausgewiesene Christen stehen sie unter dem besonderen Schutz des Allmächtigen. Und ein Christ kann per se kein böser Mensch sein. Man sieht es am lieben Herrn Putin, wie er sich auf seinen Propagandavideos in einer Kirche mit demütiger Miene bekreuzigt und dann gerührt ein Kerzlein für den Weltfrieden anzündet.
Moment mal. Natürlich schätzen wir die kruden Gedankengänge eines Pizzalieferanten auf dem Weg zum hungrigen Herrn Roth. Er hat den Vorteil, das politische Geschäft von unten zu betrachten. Das erklärt seine beträchtliche Skepsis. Aber wie kommt er auf den Allmächtigen? Die genialste Volkseinschüchterungs-Erfindung aller Zeiten? Gäbe es einen Gott, müssten wir ihn dringend fragen: Herr im Himmel, warum zum Teufel suchst du unseren Staat heim mit dieser Bande von stümperhaften politischen Azubis? Sind dies die allerletzten Reservisten aus deiner christlichen Kaderschmiede? Was haben wir Staatsbürger nur verbrochen? Warum müssen wir uns mit einem sogenannten „Neie Luc“ und seinen nicht minder „neien“ Akolythen herumschlagen? Warum hörst du nicht auf den unfehlbaren CSV-Propheten Juncker, der seinem Adlatus seinerzeit unmissverständlich bescheinigt hat: „Vu Politik versteet hien näischt“?
Oder bist auch du, Meister der himmlischen Heerscharen, mit ganz anderen Dingen beschäftigt? Könnte es sein, dass du genau wie Herr Roth ein Pizza-Aficionado bist? Ständig auf der Ausschau nach einem göttlichen Teigfladen, und wenn deine Schöpfung noch so dramatisch vor die Hunde geht? Pizza Santo Spirito mit marinierten Engelsflügeln und schwarzen Knoblauchzehen? Andiamo, maestro! Nur weiter so! Wie man sieht, lässt du die Luxemburger Politik ganz schön verrotten. Das ist aber nun wirklich „nei“, mein lieber Himmelsboss.
Aus aktuellen Gründen sehen wir uns gezwungen, noch einmal in Contern auf der Place Luc Frieden einzukehren. Da tut sich neuerdings zutiefst Beunruhigendes, wie wir aus hellhörigen Kreisen erfahren. Jeden Sonntag besucht der Namensgeber tatsächlich seinen Platz, er thront standesgemäß majestätisch auf einem
Louis XV-Sessel, neben ihm seine Gattin auf einem original holländischen Melkschemel, schön kosmopolitisch, die Pilgerscharen dürfen herbeiströmen. Doch es strömt keiner. „Wou bleiwe se dann all? D’Audienz huet dach scho laang ugefaang. Keng Sau wäit a breet! Dat do geet awer net sou weider! Soss fuere mer direkt an d’Sennenger Schlass, Marjolijne.“
Was ist nur los? Die Einwohner Conterns meiden die Place Luc Frieden wie die Pest. Wie soll man sich diesen dramatischen Absentismus erklären? Es hat mit den Witterungsverhältnissen zu tun, behaupten Eingeweihte. Der Friedenplatz liegt ständig im Nebel. Während in der restlichen Ortschaft mehr oder weniger erträgliche Temperaturen herrschen, stürzt das Thermometer auf der „neier Plaz vum neie Luc“ konstant unter null ab. Genau hier hat sich eine dauerhafte Kälteblase festgesetzt, flüstern uns kompetente Meteorologen. Niemand weiß, wieso ausgerechnet der warmherzige und volksnahe Herr Frieden von diesem selektiven Klimawandel heimgesucht wird. Es ist zum Weinen. Schon die Gemeindearbeiter, die vor der Platz-
einweihung das Namensschild errichteten, kehrten nach Feierabend mit Frostbeulen heim. Das war ein böses Omen, doch keiner nahm die Warnung ernst. Jetzt haben wir die Bescherung. Die Place Luc Frieden ist eine Art Eispalast unter freiem Himmel. Im Volksmund trägt sie inzwischen den Spitznamen „Am Frigo“. Die Ortsansässigen machen einen großen Bogen um den unwirtlichen Platz. Vorbeifahrende Automobilisten drücken reflexartig aufs Gas, die ohnehin chronischen Geschwindigkeitsüberschreitungen in Contern sind nun gar nicht mehr einzudämmen.
Jetzt kommt zum Glück der Sommer, der wieder mal keiner ist, und die CSV hatte ihre Mitglieder jüngst zum fröhlichen Sommerfest im Hesperinger Park geladen. Die Veranstaltung diente Herrn Frieden vor allem dazu, den zahlreichen Plakatklebern zu danken, die in der heißen Wahlkampfphase das ganze Land mit seinem Konterfei zutapeziert haben. Der CEO war hochzufrieden, er lobte seine Helfershelfer, die ihn ins nationale Machtzentrum hineinplakatierten.
Wir wissen nicht, ob er schon etwas angeheitert und zu brutalen Späßchen aufgelegt war, jedenfalls verkündete er laut Presse wörtlich: „Mir loosse keen um Rand vun der Gesellschaft stoen.“ Wie wahr! Wer dort steht, wird umgenietet. Im Nu erscheinen Herrn Glodens erbarmungslose Brigaden und säubern manu militari den Rand der Gesellschaft. Ja, wir pochen auf einen tadellosen Rand. Verlotterte Gestalten haben dort nichts verloren. Weg vom Rand, du Ausbund von Armseligkeit! Platzverweis! Hau ab! Troll dich! Hatte Herr Frieden einen sommerlich beschwingten Wahrheitskoller? Mitnichten. Wir haben einfach nur übersehen, dass seine Botschaft noch weitergeht: „... an déi, déi do stinn, gi mer sichen, fir se erëm an d’Gesellschaft eranzebréngen.“
Wie soll das gehen? Kommt Herr Gloden mit seiner „décker Limousin“ – er hat ja eine geradezu toxische Vorliebe für „déck Limousinen“, wie er in seinem Nicht-vom-Staat-doch-von-wem-sonst-bezahlten Propagandavideo eindrucksvoll vorführte – und ruft: „So Leute, einsteigen, jetzt werdet ihr mal in die Gesellschaft hineingebracht“? Wo soll das sein? Wohin führt die Fahrt? Aha. Auf den Parkplatz eines großen Einkaufszentrums. Das ist natürlich eine absolut menschenfreundliche Maßnahme. Nirgendwo pulsiert die vitale Luxemburger Gesellschaft so stark wie im glorreichen Einkaufszentrum. Hier versammeln sich Tag für Tag die forces vives de la nation, hier verbünden sich alle Volksschichten zur harmonischen Gemeinschaft der Konsumenten. Wer auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums betteln darf, ist nicht nur mitten in der Gesellschaft angekommen, sondern auch im Herzen von Herrn Friedens Ideologie, deren Kernstück wir gern in Erinnerung rufen: Mehr Konsum! Mehr kaufen! Mehr Geld ausgeben für Überflüssiges! Mehr vertilgen und verdrücken! Mehr Ressourcen ruinieren! Mehr Umwelt zerstören! Mehr Raubbau am Patrimonium! Mehr Gewissensbisse verdrängen! Dann brummt nämlich der Wirtschaftsmotor, und Herrn Friedens waghalsige Wette auf gesunde Staatsfinanzen geht auf. So einfach ist plötzlich alles, wenn der oberste Märchenonkel seine Thesen auspackt. Prost, ihr lieben Plakatkleber! Nun konsumiert mal schön.
Gloria victoria! Jetzt geht uns ein Licht auf. Jetzt erkennen wir den tieferen Zusammenhang. Herrn Roths Pizza-Selfie war weder ein kapriziöses Sonntagsintermezzo, noch eine kokette Selbstinszenierung, sondern ein Auftrag vom CEO Frieden: Publikumswirksame Aufstachelung zum Konsum. Los, Volk, mach’s wie ich: Futtern bis zum Gehtnichtmehr! Konsumieren, konsumieren, konsumieren. Die Staatsräson respektieren. Also doch eine staatsmännische Performance, eine vorbildlich koordinierte PR-Aktion vom Chef und seinem Finanzminister. Wir entschuldigen uns für alle anderslautenden Auslegungen. Und bestellen am kommenden Sonntagabend brav eine Pizza Quattro Stagioni. Auf dass die Wirtschaft wachse und gedeihe und Friedens Staatskassen sich auf wundersame Weise füllen.
Fazit: Einmal mehr haben wir wenig bis nichts von den geheimnisvollen, quasi revolutionären Verrenkungen der Frieden-Roth-Politik verstanden. Jedenfalls sollten wir aufhören, die beiden sexy boys der Regierungsphalanx schnöde zu unterschätzen. Und jetzt? Uns bleibt nur, mit Bertolt Brecht zu klagen: Der Vorhang zu und alle Fragen offen.