Ruppert Musical Instruments hat den teuersten Bass-Vorverstärker auf dem Markt entwickelt. Und verkauft ihn mit Erfolg

Tritt in die Pedale!

d'Lëtzebuerger Land du 18.12.2015

„Ich mag das Wort ‚erfinden’ nicht“, sagt Jacques Ruppert. Er sitzt am Esstisch in seinem Wohnzimmer. In der anderen Ecke stehen schwarze Lautsprecher, so groß wie Schränke. Daneben eine große CD-Sammlung. Dass Musik eine wichtige Rolle in Rupperts Leben spielt, ist offensichtlich. „Ich bin eher ein Tüftler, der sich gedacht hat: ‚Es wäre doch gut, wenn man so etwas hätte’.“

Das Etwas liegt vor ihm auf dem Tisch. Nicht viel größer in den Dimensionen als ein I-Pad, aber höher und deutlich schwerer und mit allerlei Knöpfen, Reglern und Kabelausgängen daran. Das Ding heißt Basswitch und ist ein Vorverstärker für Bassgitarristen. Wer sich bei einem Konzert einmal näher an die Bühne herangetraut hat, wird gesehen haben, dass Gitarristen und Bassgitarristen auf dem Boden vor sich, oft auf einem Brett angeschraubt, allerhand viel Zeug haben, an dem sie im Laufe des Konzerts rumdrehen, beziehungsweise die sie mit dem Fuß antippen, um den Klang zu regeln oder Effekte zu erstellen. Die handliche Basswitch von Ruppert Musical Instruments kann alles das, was diese vielen verschiedenen Geräte können, nur ist sie kleiner.

Jacques Ruppert spielt selbst Bassgitarre und Ukulelebass in zwei Bands. Mit 16 Jahren fing er an zu spielen. Das Geld für sein Studium verdiente er als Verkäufer in einem Musikladen und er arbeitete als Tontechniker. Doch die Idee für das Gerät kam nicht als plötzliche Eingebung. Sie ist das Ergebnis einer logischen Herangehensweise, wie der Rentner unterstreicht. Denn seine plötzliche Eingebung hatte ihm etwas anderes eingeflüstert. Damals, als er 2003 in New York, wo er arbeitete, mit seiner Frau an den ausgedienten Warenlagern entlang der Piers vorbeispazierte: „Ich werde ein Lager mieten und Verstärker bauen!“ Seine Frau lachte ihn aus, er lachte mit. „Aber die Idee ging nie wirklich wieder weg.“ Ruppert, im früheren Berufsleben ein Finanzmensch und Logistiker, ging mit Methode an die Sache heran und stellte schnell fest, dass er zwei Probleme hatte: „Es gibt schrecklich viele Bassverstärker und es gibt sehr viele gute. Mir fiel nichts ein, was ich hätte machen können, was es nicht schon gab.“

Also musste er sich etwas Neues einfallen lassen. Nach Rock’n’Roll sieht die systematische Marktanalyse, die er säuberlich dokumentiert vorlegt, nicht aus. Fotos von Brettern voller Pedalen und Kabel, Beschreibungen davon, was die Musiker, die er beobachtet hat, alles so mit sich herumschleppen. Danach die Beschreibung der Funk­tionen des Geräts, das er bauen wollte. Als Ruppert entschieden hatte, was sein Vorverstärker können sollte, begann er nicht nur die Tonqualität und Machart aller im Handel erhältlichen Konkurrenzgeräte zu testen, analysieren und auseinanderzuschrauben. „Ich stellte relativ schnell fest, dass ich ungefähr 40 Jahre technischen Rückstand hatte. Ich komme aus einer Zeit, als Platinen in einem Bad geätzt wurden und dann die Verbindungen darauf gelötet wurden. Aber so ist das heute nicht mehr.“ Sein Projekt stockte erneut, denn hätte er es selbst gebaut, wäre sein Gerät ungefähr so groß wie der Esstisch geworden, an dem er sitzt.

Über einen Freund kam der Kontakt zu Burkhard Georg Lehle zustande, Spezialist für Gitarrenschalter und in diesem Bereich eine Referenz. Mit einem Auto voller Geräte und Zeichnungen fuhr Ruppert zum ersten Treffen nach Deutschland. Er konnte Lehle überzeugen, das es ein Produkt, wie er es bauen wollte, noch nicht gab. Zusammen stellten sie einen Entwicklungsvertrag auf. Trotz Rupperts Skepsis – „Gott bewahre mich vor Designern und modernen Architekten“ – ziehen sie das Industriedesignbüro Studiodipol zu Rate, eine gute Entscheidung, wie er heute einsieht: „Früher haben wir Platinen gelötet und dann die Schalter da hingesetzt, wo Platz war. Heute werden die Schalter platziert und dann wird die entsprechende Platine entworfen.“ Über seine Basswitch kann Ruppert sehr lange im kleinsten Detail reden; weshalb die Knöpfe in dieser Reihenfolge sitzen, dass sie ins Gehäuse versenkt werden können, damit sie keinen Schaden nehmen, wenn der Nutzer auf die Pedalen tritt – „ich mache immer alles kaputt“.

2010 fuhr Ruppert, er hatte gerade seine Firma Ruppert Musical Instruments gegründet, mit dem Prototypen des Gehäuses zur größten Musikmesse der Welt, der Namm in Kalifornien, um die Reaktionen zu testen. „Sie waren gut“, erinnert sich Ruppert. Doch den Einkäufern der Musikzubehörspezialisten und Versandhäuser, die seinen Apparat ins Sortiment hätten aufnehmen können, war es viel zu teuer. Unmöglich bei dieser Preisvorgabe die gewünschte Qualität herzustellen – Ruppert traf eine Entscheidung und sagte seinem Partner Lehle: „Wenn es darum geht, den gleichen Schrott zu bauen wie die anderen, dann fang ich gar nicht erst an. Wir bauen das Gerät und dann kostet es eben was es kostet.“ 499 Euro sind es nun, die Basswitch ist der mit Abstand teuerste Bass-Vorverstärker auf dem Markt. „Dafür kann man einen ganzen Verstärker kaufen“, bemerkt Ruppert, „oder eine Bassgitarre. Oder eine Bassgitarre und eine Pedale von der Konkurrenz.“ Doch wer ein Instrument spielt, das mehrere tausend Euro kostet, war er schon damals überzeugt, dem sind ein paar hundert Euro zusätzlich nicht zu viel.

Weil ihn einer der Einkäufer auf der Musikmesse davon abbringen will, sein Gerät Basswitch zu nennen, um es auch an Gitarristen verkaufen zu können – „das kam mir nicht in die Tüte, die Pedale ist extra für Bassspieler konzipiert“ –; lässt er sich überreden, auch einen Vorverstärker für Gitarristen zu entwickeln. Ruppert fing eine neue Marktanalyse an, befragte Gitarristen, schrieb ein Lastenheft und ließ einen Prototypen bauen... Seine Basswitch schickte er zum Test an fünf spezialisierte Magazine für Musikzubehör. Sie liebten das Gerät. „Messerscharfes Hexenwerk“, schrieb die Zeitschrift Guitar im Juli 2011. „Auf der Bühne möchte man in erster Linie eine einfache Bedienung, klare Schaltungen und ein robustes Gerät als Verstärker. Im Tonstudio sind hingegen Tonqualität, präzise Steuerungen und clevere Schaltmöglichkeiten besonders wichtig. Geräte, die beides beherrschen, sind extrem selten. Hier ist eines ...“ Auf der Musikmesse in Frankfurt wenig später kamen die Zubehörhändler und fingen an zu bestellen. Mit dem Hobby, mit dem Ruppert den Rentneralltag hatte füllen wollen, indem er jede Woche im Keller einen Apparat zusammenschrauben würde, war da Schluss. Er unterschrieb mit Burkhard Lehle einen Produktionsvertrag. Den Vertrieb wollte Ruppert selbst von Luxemburg aus steuern. Ein Plan, der an den Luxemburger Zollbehörden und der Post scheiterte, wie er sagt. Deshalb übernimmt sein Freund und Partner Lehle, in dessen Betrieb zwei Mitarbeiter mit der Fertigung der Produkte von Ruppert Musical Instruments beschäftigt sind, auch diesen Aspekt.

Seit 2011 hat Ruppert über 1 000 Basswitches verkauft und zwischen 600 und 700 Acouswitches, wie die Gitarren-Pedale heißt. Auf seiner Webseite bekunden Weltstars wie Marcus Miller , oder Rhonda Smith der Basswitch Treue und Gefolgschaft, loben den einfachen Gebrauch und die klare Tonqualität. Manche hat Ruppert persönlich getroffen, kann Anekdoten davon erzählen, wie sie sich um sein Basswitch stritten. Seine Produktpalette hat er mittlerweile ausgebaut, bietet neben der Rolls Royce auch kleine Geräte oder solche mit anderen Funktionen an – sein neues Lieblingsprojekt ist eine Pedale, die klingt wie ein Röhrenverstärker. Obwohl er die Geräte++ nicht selbst zusammenbaut, wie er eigentlich vorhatte, hat er genug zu tun. Mit der Überarbeitung der Produkte, dem Schreiben der Bedienungsanleitungen, dem Besorgen adäquater Verpackungen. Er hatte Glück, sagt Ruppert, dass die Fachzeitschriften seiner Basswitch gute Testkritiken gaben. Bei seinem methodischen Vorgehen ist das ist ein wenig zu viel der falschen Bescheidenheit, denn immerhin hatte sich Jacques Ruppert „nichts weniger vorgenommen, als die beste Preamp der Welt zu bauen.“ Aber wenn man das so ankündige, fügt er hinzu, „dann muss man das auch machen!“

Michèle Sinner
© 2024 d’Lëtzebuerger Land