Kommunaler Energiehandel

Stater Think tank

d'Lëtzebuerger Land du 05.07.2007

Alex Bodry reagierte streng: Einen „Alleingang inszeniert“ habe die Opposition, „diesmal in der Zusammensetzung des hauptstädtischen Schöffenrates“, teilte der LSAP-Präsident mit, derauch dem parlamentarischen Wirtschaftsausschuss vorsteht, in dem seit August letzten Jahres die Gesetzentwürfe über die weitere Liberalisierung des Strom- und Gasmarkts diskutiert wurden. In den Ausschuss, meinte Bodry, hätten die blau-grünen Vorschläge über die Tätigkeit von Gemeinden im Strom- und Gasgeschäft eingebracht werden müssen und nicht als Gesetzesvorschlag formuliert.

Es sieht schon wie eine Initiative zweier liberaler Parteien aus, was DP-Präsident Claude Meisch und der Grüne Camille Gira, der liberale Hauptstadtbürgermeister Paul Helminger und sein grüner Finanzschöffe François Bausch kurz zuvor präsentiert hatten: Damit die „Services industriels“ von Gemeinden auf den liberalisierten Energiemärkten mithalten können, sollte ihnen entweder eine Buchhaltung parallel zum Gemeindehaushalt ermöglicht oder ihnen gestattet werden, kommerzielle Gesellschaften zu bilden beziehungsweise sich an ihnen zu beteiligen. Und weil es seit der Reform des Gesetzes über das Statut der Gemeindebeamten nicht mehr möglich ist, sie zu entlassen, falls ein kommunaler Dienst aufgegeben werden sollte, will der blau-grüne Gesetzesvorschlag die befristete „Entsendung“ von Gemeindepersonal in kommerzielle Gesellschaften einführen.

Aber das läuft im Grunde nur auf die nachgeholte Legitimierung der schon vor vier Jahren in der Hauptstadt gebildeten Leo s.a. sowie der kürzlich von der Gemeinde Esch aus der Taufe gehobenen Südstroum s.à.r.l. hinaus; beide kamen unter Augenzudrücken des Innenministers zu Stande und sind nicht so ohne weiteres mit der geltenden Kommunalgesetzgebung und der landläufigen Rechtsprechung zum Thema zu vereinbaren – immerhin sind Mehrheitsbeteiligungen einzelner Kommunen an Kapitalgesellschaften von potenziell hohem Risiko für den Gemeindehaushalt. Und dass aus einer Gemeinde Energieprodukte über deren Grenzen hinaus verkauft werden, ist zwar in den EU-Liberalisierungsdirektiven gewollt, laut Kommunalrecht aber ausgeschlossen. Innenminister Jean-Marie Halsdorf deutete aber nur im Mai einmal an, es könnten womöglich kommunale Établissements publics geschaffen werden. Seitdem kam er nicht mehr darauf zurück.

Insofern ist es nicht unverständlich, dass Grüne und DP ein „Signal“, so Camille Gira, senden wollten. Es müsste eigentlich sogar im Sinne von Bürgermeister Bodry sein: die kommunalen Établissements publics sollte es nach Jean-Marie Halsdorfs Vorstellungen nur im Strombereich geben. Pech für die beiden Gemeinden mit eigenem Gasdienst, die Hauptstadt und Düdelingen. 

Aber eine Freigabe unternehmerischer Tätigkeit für Gemeinden ist nicht nur eine fundamentale Herausforderung für das über die Einhaltung der Gemeindegesetzgebung wachende Innenministerium, sondern auch für die Gewerkschaften. Erwartungsgemäß meldeten sich am Mittwoch OGBL, LCGB, FGFC und Landesverband zu Wort, sahen keine Notwendigkeit „für die Schaffung privatrechtlicher kommerzieller Gesellschaften durch die Gemeinden“ und für die „Entsendung von Gemeindebeamten“. Da kann es klug sein, die LSAP nicht zu früh mit Privatisierungsbestrebungen in Verbindung geraten zu lassen. Zumal, zu guter Letzt, die blau-grünen Vorschläge durchaus zum Konzept jener nationalen Netzgesellschaft passen, die LSAP-Wirtschaftsminister Jeannot Krecké plant, und in der, ginge es nach ihm, so viele Kommunen wie nur möglich proportional zu ihrem Strom- oder Gasnetzbesitz Anteile erwerben sollten. Zur Frage, wie kommunales Netzpersonal in diese übergreifende Gesellschaft „entsandt“ werden könnte, wartet man im Hause Krecké schon lange auf Vorschläge des Innenministers. 

In diesem Punkt liefern DP und Grünen einen Ansatz: Eine befristete Entsendung von zweimal fünf Jahren Dauer soll möglich sein, falls die Gemeinde selbst eine Kapitalgesellschaft gegründet oder sich zu mindestens 25 Prozent daran beteiligt hat. Und diese Idee kommt dem Wirtschaftsminister ja vielleicht gelegener, als sein Parteipräsident so einfach zuzugeben bereit wäre.

Peter Feist
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