So geht es nicht weiter, es ist schon zu weit gegangen mit dem Weitergehen. Weil sich alles unverdaut staut. Weil es zu einer chronischen Verstopfung gekommen ist, dauernd werden Infarkte gemeldet, Bypässe werden gelegt, weil der Kreislaufverkehr sonst endgültig kollabiert. Und dann?
Die, die auf der Strecke sind, bleiben auch dort, völlig undramatisch, ihre Lebenszeit versickert nur unspektakulär, aber sie haben keine Wahl, außer der in einer Woche. Die hat zumindest ein Teilchen derer, die unterwegs sind, on the road in Luxembourg. Wann dreht endlich jemand ein luxemburgisches Road Movie über all die geräderten Menschen auf den Straßen dieses Landes, den Film der das luxemburgische Lebensgefühl rüber bringt, das authentische? Das wahre. Der mit dem Überleben beschäftigte Teil der Bevölkerung lebt ja längst auf der Straße, nachts fallen sie wie Schuppen aus ihrer Autoschale, die sie im Morgengrauen wieder umklammert. Sie stellen die Stau-Nachrichten von RTL an. Und im Stau liket so manch eine den Holzweg, über den sie dann unbedingt mit dem Auto brettern will.
Ja, Schrottgott lässt noch nicht locker, seine treueste Glaubensgemeinschaft hat er in Luxemburg, es gibt kein Leben ohne ihn, manche sammeln hier gar Autos. In anderen europäischen Ländern wird längst umgedacht und umgestiegen, zumindest in den urbanen Gegenden. Zürich, Schlaraffenstadt des öffentlichen Verkehrs, dauernd rollt einer was Passendes vor die Füße, sorgt sich gar schon, dass seine Jugend überhaupt nicht mehr Auto fahren kann. In Luxemburg geschieht Initiation aber immer noch über den magischen Autoschlüssel. Er eröffnet die Welt, schon fliegt Jüngling über zerklüftete Landschaften wie in den Zauberwerbespots, eine zauberhafte Frau lächelt an seiner Seite.
Ein autoloser Auto-chthone, so jemand ist ein Behinderter, ein Komischer, das muss eine arme Teufelin sein.
Ja, immer noch pilgert Homo luxemburgensis eher zu einer Auto- als zu einer Kunstmesse, andere Messen haben wir längst vergessen, aber aufklärerische Bewegungen erstarken. Zweifel kommen auf, was ist eigentlich Mobilität? Warum sitzen wir in der Klemme und die Rede geht von Freiheit? Sind wir einem Bluff aufgesessen? Ist das Auto-nomie? Manche wagen es gar schon, den Schrottgott offen in Frage zu stellen. Zumindest ihn zu zähmen, davon wagen sie zu träumen. Warum sollen wir Schrottgott so viele Menschen opfern?, fragen sie tapfer. Und so viele Bäume? Sie versuchen, Zivilisationsangebote machen, beim wie hieß das wieder?, Christentum hat das ja auch geklappt.
Es geht also etwas weiter, weil nichts mehr weiter geht. Die Zauberbahn, die entlang der sexy Safes des Kirchberg gleitet, weiter bis zum Platz Null Stern. Busse düsen durch Landschaften, wo vor nicht allzu langer Zeit Nicht-Autofahrer_innen vom Hungertod bedroht waren, einfach einsteigen und schon steht man vor dem Krater mitten in der Stadt. Wenn der Stau nicht zu schlimm ist natürlich.
Auch wenn es Absonderliches gibt, wenig Zielführendes. Wer zum Beispiel auf die exotische Idee verfällt, vom Flughafen in die Stadt zu fahren, sollte wissen, dass Zentrum Hesper heißt, asiatische Touristinnen kennen sich vielleicht nicht aus, und der Fahrer ist in Isolationshaft in seiner Raumkapsel.
Dass echte Statussymbolist_innen, hoch gerüstet, adäquat ausgestattet, stromlinienförmig, in einer Montur in der man mountains knackt per Fahrrad unterwegs sind, ist nicht neu, sie nennen dieses aufwändige Treiben Sport. Andere, Menschen die locker sind und sich für die richtigen Dinge einsetzen und syrischen Salat bestellen, radeln mitten im Leben, angeblich Lifestyle. Und immer mehr Herren und Damen in Anzügen und mit kecken Rucksäckchen strampeln in ihre Büros, kommen mit gelüftetem Oberstübchen dort an, voll motiviert. Ein potentes Antidepressivum ist der Tritt in die Pedale sowieso, er spart Fitness- Kosten und macht einfach gute Laune.
Also Drahteselinnen und Schusters Rappen voll empowern gegen Pferdestärken! Wobei die durchaus ihre Stärken haben.