Heute loben wir die hausgemachte Kriegslüsternheit. „Kanonen donnerten, Gewehre krachten, Fanfaren und Trommeln ertönten, als die Landsknechte und Reiter in der wilden Schlacht aufeinander prallten. Mit Spießen bewaffnete Kriegshaufen, fast wie riesige Igel aussehend, demonstrieren die Waffentechnik vergangener Zeiten“ (Wort.lu, 15.09.2013). Ist das keine wunderbar inspirierte Prosa? Da überfällt uns doch förmlich eine unbändige Lust, uns mit Kind und Kegel in die malerische Schlacht zu stürzen und einen Nachmittag lang nichts als Pulverdampf zu schnuppern.
Ja, wir dürfen jetzt auf Staatskosten exakt nachgestellte Kriegshandlungen genießen, richtig hautnah, auf Event Show getrimmt, und es gibt nur einen Grund, warum wir nicht voll entspannt mit der obligaten Kippchen bewaffnet in die mörderische Keilerei ziehen dürfen: Crémant war damals leider noch nicht erfunden, und die fantastisch kostümierten Kriegstreiber auf Fort Thüngen monieren mit großer Strenge die historische Präzision. Nichts Neuzeitliches darf sich in die prachtvollen Schlachten einschleichen. Man arbeitet authentisch. Man hat ja Respekt vor unserer heldenhaften Vergangenheit.
Wahrscheinlich wird jetzt wieder eine Handvoll geistig beschränkter Pazifisten auf die Pauke hauen und dem Kulturministerium öffentliche Anstiftung zur Gewalttätigkeit vorwerfen. Da kann der schlagkräftige Kriegstross nur lachen. Seien wir doch mal realistisch. Wir haben endlich ein Festungsmuseum und sollten uns freuen über diese steingewordene Hommage an die ewige Kriegsbesessenheit. Eine Festung ist schließlich kein Kloster, wo der Stille gehuldigt wird und der inneren Einkehr. Wozu wurden Festungen denn gebaut? Bestimmt nicht, um Blumengärtnereien zu beherbergen. Die Festung ist eine Art trutziges Stellwerk für geregelten Totschlag. Also muss es naturgemäß krachen und scheppern in der Festung. Ein kurzer Blick auf den Verlauf der Weltgeschichte zeigt: Der Drang, uns gegenseitig umzubringen, ist zuverlässig in unseren Genen angelegt. Wir sind nun mal die kriegerischste Gattung auf Erden. Der Krieg war immer schon die Mutter aller Dinge. Wieso sollten wir kleinen Luxemburger uns schnöde aus der Weltgeschichte verabschieden?
Es ist ja schon tragisch genug, dass sich die echten Kriege immer woanders ereignen und stets einen großen Bogen um das Großherzogtum machen. Wir sind also von vornherein diskriminiert. Hält man uns etwa für generell kriegsuntauglich? Wir können doch nicht ständig für teures Geld ins Ausland reisen nur um vielleicht in den Genuss eines echten Blutvergießens zu kommen. Die Zeiten sind prekär, wir fordern den Krieg in unserer eigenen Heimat. Das hat unsere intelligente Kulturministerin verstanden. Wenn der Krieg partout nicht zu uns kommen will, bauen wir uns eben mit kostbaren Steuergeldern unser eigenes Schlachtgetümmel, und zwar so geschichtsgetreu wie möglich.
Die edlen Geister sehen das natürlich anders. Sie möchten uns den Kopf füllen mit pädagogischen Ausstellungen in der Festung. Mit allerlei Wortgeklingel über Identitäten und ähnlich schwammiges Zeug. Wo bleibt denn da der Spaßfaktor? Eine Festung ist doch kein Schulgebäude. Wenn wir uns mit spektakulärem Aufwand die Köpfe einschlagen dürfen, müssen wir sie zuvor doch nicht noch mit unnützem Wissen vollstopfen. Ein hohler Kopf ist ohnehin ein weit günstigeres Kriegswerkzeug. Der dröhnt viel schöner, wenn die Eisebomm einschlägt. Et muss knuppen!, würden die Promotoren des Kriegsspektakels sagen. Wer zu viel denkt, wird mit der Zeit schlaff und lahm und kann nicht einmal mehr eine zünftige Hellebarde stemmen.
Wir begrüßen es ausdrücklich, dass der staatlich inszenierte Wochenendkrieg auf Fort Thüngen als Familienfest ausgewiesen wurde. Unsere Kleinsten haben ein Recht darauf, von Kindesbeinen an anschaulich zu erfahren, wie der gesellschaftliche Laden läuft. Alles immer wieder gründlich kaputt schlagen und ebenso gründlich wieder neu aufbauen: Das ist die Basisregel unseres geliebten Kapitalismus. Da kommt das Geld in Fluss, da entsteht Produktivität. Über die sozialen Aspekte sollten wir uns mal keine übertriebenen Sorgen machen. Einfach Hand abhacken bei kriminellen Vergehen, einfach die Armen und Kranken auf die Mülldeponie befördern, das ist doch ehrlich gesagt ein faszinierendes Modell. Jedenfalls viel effizienter als das lächerliche, endlose Gebastel an der Juristerei und der Sozialpolitik in unserer Demokratie. Am Fuße der Festungsmauern würden garantiert keine Drogenhändler ihr Lager aufschlagen wie in der Straßburger Straße. Der kriegsbegeisterte Haufen würde sie sofort plattmachen. Was übrigens auch zusätzliche Budgetbelastungen wegen Verstärkung der viel zu friedlichen Bereitschaftspolizei verhindern würde.
Hoffentlich lässt es die Kulturministerin bald wieder knallen auf Fort Thüngen. Immer nur Cyberkriege im Netz: die totale Langeweile. Wir brauchen Handgreiflichkeit.