Konkurrenz zum Champagner

d'Lëtzebuerger Land du 08.12.2017

„Früher war es für Sylvester, Ostern oder den 80. der Oma, heute braucht es keinen feierlichen Anlass mehr. Da heißt es: Heute ist Mittwoch, da trinke ich mal einen Crémant!“, beschreibt Yves Sunnen den Erfolg des „kleinen“ Champagners in Luxemburg. Wer es sich gut gehen lässt, eine gewisse Zufriedenheit ausstrahlen und doch im Alltag etwas Leichtigkeit zeigen möchte, der greift zum heimischen Schaumwein. Er ist nicht so prätentiös wie der Champagner, verspricht aber weit mehr Noblesse als das deutsche „Sektchen“.

Diese Erfolgsgeschichte erlebt Winzer Yves Sunnen auch in seinem eigenen Betrieb, der Domaine Sunnen-Hoffmann. Erst 2012 begann er mit der Flaschengärung, mittlerweile geht fast die Hälfte der Trauben seiner knapp zehn Hektar Anbaufläche in die Produktion von Crémant. Und der ist nicht nur ausgesprochen elegant, feinfruchtig und gut strukturiert, sondern auch aus biologischem Anbau. Sunnen sagt, gerade weil er auf „bio“ umgestellt habe, seien Qualität und Charakter seiner Weine deutlich gestiegen. „Mit dem konventionellen Stil sind wir an unsere Grenzen gestoßen. Wir mussten immer mehr Dünger und Spritzmittel verwenden, und doch gab es Krankheiten, die immer wieder gekommen sind. Ein Kreislauf, der uns nicht mehr zufriedengestellt hat.“ Oft schienen ihm seine Weine ein wenig zu uniform, auch, wenn sie aus verschiedenen Lagen stammten. „Unsere Herausforderung war, im Einklang mit der Natur mehr zu schaffen, das Terroir und seine Charakteristiken in den Vordergrund zu stellen. Wenn Sie heute unsere drei Rieslinge Remerschen Hiischebierg, Wintrange Hommelsbierg und Wintrange Felsbierg Vieilles Vignes nebeneinander verkosten, dann sind dies zwar drei Rieslinge, aber ganz verschiedene Weine“, schwärmt Yves Sunnen.

Der Winzer von der Mosel war einer der ersten Luxemburger, die auf „bio“ umgestellt haben. Sehr viele sind ihm und seinen wenigen Mitstreitern trotz Biobooms unter Frankreichs Winzern hierzulande noch nicht gefolgt; in diesem Jahr hat nur ein weiterer Betrieb die Umstellung gewagt. Yves Sunnen macht hierfür auch die Grundeinstellung verantwortlich – und die teils schwierigen letzten Jahrgänge mit geringen Erträgen: „Teilweise hatten wir ein Minus von 30 bis 40 Prozent. Das sind keine Jahre, wo Winzer sich sagen, jetzt wird experimentiert. Ich denke, das ist ‚Angst vor der Courage’. Es tut sich etwas, aber es geht noch immer langsam voran. Es ist auch in der luxemburgischen Mentalität verankert, eher den sicheren Weg zu wählen.“ Und es gebe zwar mehr und mehr Quereinsteiger, aber die meisten würden noch immer den Familienbetrieb übernehmen.

Einfach ist es natürlich auch für den Biowinzer von der Mosel nicht. 2016 gab es Probleme mit falschem Mehltau, dafür kam er dieses Jahr erstmals ohne die Zugabe von Kupfer aus. „Es gab viel Trockenheit – für die alten Rebstöcke ist das nicht dramatisch. Zudem ist es ein immenser Vorteil bei den Pflanzenschutzmitteln. Ende August mit dem Regen hatten wir Fäulnis. Da mussten wir bei der Lese sehr schnell und selektiv sein.“ Als Winzer merke er den Klimawandel deutlich, die extremen Wetterereignisse nähmen zu.

Er selbst ist ein stiller, sorgfältiger Macher, der auf dem Boden geblieben ist. Trotz seines Studiums in Geisenheim, der renommierten Hochschule für Önologen, strahlt er kein Bisschen vom zuweilen anzutreffenden Wein-Snobbismus aus. In dem kleinen Verkostungsraum in seinem Betrieb hängen historische Schwarz-Weiß-Fotos seines Großvaters, der Betrieb existiert in der fünften Generation. Yves Sunnen und seine Schwester arbeiten hier heute mit insgesamt sieben Mitarbeitern zusammen. „Man wächst mit dem Weinbau auf und es geht mit einem gewissen Stolz einher“, sagt Yves Sunnen mit hochgekrempelten Ärmeln.

In seinen Crémants sucht er wie bei den Weinen Finesse und Eleganz. Sie zeigen eine leichte Fruchtigkeit, unterstützt von Restsüßen bei circa acht bis elf Gramm und werden im Stahltank ausgebaut. Staubtrocken wie ein Champagner ohne Dosage sind sie nicht, was wohl auch eher dem Luxemburger Geschmack entspricht. „Allerdings ist er nicht ganz so fruchtbetont wie ein Pinot Gris. Er soll eher den Betriebscharakter widerspiegeln und keine Champagner-Kopie sein!“, meint Yves Sunnen.

Die Domaine bietet drei Crémants: Die klassische Cuvée „L & F“, die hauptsächlich aus Riesling, Auxerrois, Pinot Blanc und Chardonnay besteht. Ein Rosé aus Pinot Noir, Pinot Blanc und Auxerrois. Die Spitze bildet die reifere „Cuvée Prestige“, die nicht jedes Jahr gefüllt wird. Bei ihr lagern Chardonnay, Pinot Blanc und Auxerrois mindestens 20 Monate auf der Hefe – während es sonst mindestens zwölf Monate sind. Der Flaschenpreis seines klassischen Bio-Crémants liegt bei 13,80 Euro und ist damit deutlich preisgünstiger als Champagner.

Werbung benötigt Sunnen-Hoffmann nicht, bei seinen Crémants herrschen eher Lieferengpässe, und Supermärkte können – mit Ausnahme der Naturata Bio-Märkte – mangels Menge gar nicht beliefert werden. Sunnens Schaumweine machen also einen feinen Unterschied und sind gar nicht für jeden Mittwoch. Feierliche Anlässe wie die Weihnachtsfeiertage oder der 80. Geburtstag der Oma stehen ja ohnehin vor der Tür.

Anina Valle Thiele
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