Heute loben wir die stramme Heimatliebe. Leider haben wir nur wenige Parlamentarier, die forsch zum Kern der Volksseele vordringen. Der unersetzliche Ehrenwerte Kartheiser, oberster Schalmeienspieler der unverzichtbaren ADR, Partei der ungestümen Heimatverteidigung, verdient daher unseren ungeteilten Respekt. Schon seine parlamentarische Frage zum Verfall der religiösen Sitten hat uns schwer beeindruckt. Er wollte vom Kultusminister wissen, ob die Renovierungsarbeiten in der Kathedrale nicht den geregelten Ablauf der Messfeiern nach tridentinischem Ritus gefährden. Ja, dieses Problem bewegt die ganze Nation. Auch wir sind entsetzt, wie leichtfertig ein paar Bauarbeiter die Botschaft des Allmächtigen sabotieren dürfen. Wahrscheinlich sind hier lauter ausländische Störenfriede am Werk. Es klettert ja kein echter Luxemburger mehr auf ein Baugerüst. Wenn die Überfremdung schon nicht mehr vor dem Gottestempel haltmacht, brauchen wir unbedingt strenge Kämpfer wie den Ehrenwerten Kartheiser.
Dieser heimatliebende Mensch stellt nicht nur Fragen zur schleichenden Säkularisierung. Auch auf dem Gebiet des Heimatschutzes setzt er wesentliche Akzente. Vom Armeeminister wollte er erfahren, was der Patron der bewaffneten Macht gegen das schlampige Auftreten der Militärmusik zu unternehmen gedenke. Dem Ehrenwerten Kartheiser ist nämlich aufgefallen, dass diese uniformierten Musikanten bei öffentlichen Anlässen völlig unkorrekt auf dem nationalen Parkett herumtollen. Sie können offenbar nicht einmal militärisch konform marschieren. Der undisziplinierte Haufen hält sich nicht an die Regeln des soldatischen Kanons. Die Musik scheint ihm wichtiger zu sein als der gesunde kriegerische Habitus. Das ist, heimattechnisch gesprochen, geradezu Landesverrat. Zumal der Ehrenwerte Kartheiser notiert, dass diese sogenannte Militärkapelle mitunter nationale Gedenkzeremonien mit einem Jazzkonzert zu verwechseln scheint.
Auch wir waren lange Zeit dem Irrglauben verfallen, Musik sei mit einem heimlichen Sprengsatz zu vergleichen, der auf Dauer den militärischen Irrsinn von innen heraus hinwegfegen kann. Voller Bewunderung verfolgten wir die hübschen Kapriolen dieser Klangartisten, die sich so gar nicht der Herrenberghirnwäsche unterwerfen wollten. Ja, wir erkühnten uns gar, Unsägliches zu verlangen: die Armee sollte kurzerhand abgeschafft werden, nur die Militärmusik sollte übrigbleiben, eine fröhliche, staatlich subventionierte Truppe in karnevalistischer Uniform, dem Umgang mit bezaubernden Instrumenten zugetan und allen Waffen abhold. Jetzt fragen wir uns natürlich: Wie konnten wir nur derart das Fundament der Heimat verhöhnen?
Der Ehrenwerte Kartheiser hat recht. Die Musik ist nur lästige Garnitur, es geht um die formalen Aspekte des Kriegshandwerks. Leider haben wir es hier mit einer Heeresfraktion zu tun, die nicht mit Gewehren ausgerüstet ist, sondern mit geräuschvollen Scherzartikeln. Dieses mangelhafte Outfit würden wir den Herrschaften ja noch verzeihen, wenn sie wenigstens den Stechschritt beherrschten. Höchste Zeit also, den nationalen Musikunterricht zu reformieren. Musik dient ja in erster Linie der Heimatverteidigung. Aktive Musikpraktikanten, die mit der Militärmusik liebäugeln, sollten frühzeitig in ein gesondertes Trainingslager abkommandiert werden. Unsere Konservatorien sollten sich schleunigst militärische Ausbilder zulegen. Musikanten neigen von Natur aus zur sanften Tollpatschigkeit. Die muss ihnen gezielt ausgetrieben werden. Warum schickt man die Aspiranten nicht drei Mal pro Woche ins Manöver? Mit Pauken und Trompeten?
Die Militärmusik muss endlich unsere beste Waffe werden. Seien wir doch ehrlich. Unser Staat hat seit 2000 wahnsinnige Summen in den Afghanistankrieg investiert. Das Resultat ist zutiefst ernüchternd. Unsere minimalistische Truppe vor Ort hat nur dazu beigetragen, das Chaos zu vergrößern. Dürfen wir so unanständig mit unseren bitter ersparten Staatsgeldern umspringen? Wie können wir den Namen Luxemburgs endlich unauslöschlich ins Gedächtnis der Afghanen eingravieren? Indem wir unsere Militärmusik in die Schlacht schicken. Sie muss nur marschieren und jenen Lärm veranstalten, den zart besaitete Bürger auch als Musik bezeichnen. Die Taliban werden sofort schreckensbleich die Flucht ergreifen und sich auf Nimmerwiedersehen in ihren unwirtlichen Bergen verschanzen. Das heißt, wenn die Militärmusik fachlich korrekt marschiert. Das Getröte allein tut es nicht. Nur der zackige Schritt zeitigt Wirkung. Unsere Militärmusik könnte zum furchterregendsten Ensemble in der Nato werden. Wenn sie denn bereit ist, wie eine perfekt geölte Maschine aufzutreten und nicht wie eine ungelenke Wald- und Wiesenfest-Combo.
Der Ehrenwerte Kartheiser sollte sich unterdessen mal ein bisschen auf den Großherzog konzentrieren. Darf der am Nationalfeiertag so schlapp in die Kathedrale schleichen, wenn er im Feldherrenkostüm auftritt? Verulkt der Monarch unsere Armee nicht noch wüster als die Militärmusik? Man muss ihm wohl den Marsch blasen.