Im Frühjahr 2006 wurde die Öffentlichkeit Zeuge einer merkwürdigen Auseinandersetzung: Mehrere Wochen lang wurde in der Presse darüber diskutiert, ob es Aufgabe des CRP-Santé sei, Forschungsgelder für das Laboratoire national de santé (LNS) zu beschaffen.
Auf dem Höhepunt der Debatte versprachen Forschungsminister François Biltgen (CSV) und Gesundheitsminister Mars Di Bartolomeo (LSAP), das LNS, im Volksmund Staatslabo, werde von einer Staatsverwaltung in eine öffentliche Einrichtung privaten Rechts umgewandelt (d‘Land, 5. Mai 2006). Der für die Vorbereitung dieses Rechtsakts zuständige Gesundheitsminister wollte dazu noch vor den Sommerferien 2006 einen Gesetzentwurf vorlegen.
Geht es um Forschung, so besteht der große Unterschied zwischen Staatsverwaltung und öffentlicher Einrichtung darin, dass Letztere sich, da sie über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt, an EU-Forschungsprogrammen oder an Industrieprojekten beteiligen kann. Eine Staatsverwaltung kann das nicht ohne weiteres und generell nur nach Genehmigung des Ministers. Den forschenden Mitarbeitern am Staatslabo verhieß die Aussicht aufs neue Statut mehr Flexibilität.
Zweieinhalb Jahre später aber gibt es noch immer keinen Gesetzentwurf über die Umwandlung des LNS in eine öffentliche Einrichtung, dafür einen Vorentwurf über seine künftigen Missionen. Und in dem Vorentwurf steht, lässt der Gesundheitsminister gegenüber dem Land durchblicken, dass das Staatslabo bleiben soll, was es ist: eine Staatsverwaltung.
Das liegt auch am Einspruch der CGFP hinter den Kulissen. In der Ausgabe ihres Organs Fonction publique vom Mai 2007 wurde Mars Di Bartolomeo in einem Interview recht anzüglich gefragt, ob „die Sache“ denn nun „vom Tisch“ sei, und daran erinnert, als Oppositionsabgeordneter in der vorigen Legislaturperiode „immer eine ablehnende Haltung“ zur Schaffung neuer öffentlicher Einrichtungen eingenommen zu haben. Denn das zwischen der CGFP und der damaligen Regierung 2002 abgeschlossene Gehälterabkommen enthält den Passus, nur in Ausnahmefällen neue öffentliche Einrichtungen zu schaffen. Di Bartolomeo erklärte seinen Interviewern, die Statutenfrage sei für ihn „zweitrangig“, sofern das LNS künftig über genügend Mittel und „eine gewisse Finanzautonomie“ verfüge.
Solche Überlegungen aber haben weniger mit der Forschung am LNS zu tun als mit der Frage, welchen Auftrag es künftig als „Institut de santé publique“ erfüllen soll. Wenn schon zwei Privatlabor-Unternehmen immer mehr Niederlassungen im kleinen Land eröffnen, dann kann die Hauptaufgabe des LNS kaum noch in Laborarbeiten in den Bereichen Hygiene und Humanmedizin bestehen, wie im letzten, von 1980 datierenden LNS-Gesetz vorgeschrieben ist. Schon eher in der Lebensmittelkontrolle, in toxikologischen Analysen und Medikamentenkontrollen, was das LNS-Gesetz ebenfalls sagt. Und künftig voraussichtlich auch in DNA-Analysen sowie in der Gerichtsmedizin.
Hier begegneten sich der Gesundheitsminister und die CGFP schließlich: „Ende 2007 haben wir entschieden, dass wir im kulturellen und im wissenschaftlichen Bereich neuen öffentlichen Einrichtungen zustimmen könnten“, erklärt CGFP-Generalsekretär Romain Wolff dem Land. Prinzipiell hätte die Überführung des LNS in ein neues, flexibleres Statut nicht mehr an der CGFP scheitern müssen, obschon diese den Status quo weiterhin vorzog.
Doch heute ist der Minister von der Idee von einst endgültig abgerückt: Funktionen wie Gerichtsmedizin und DNA-Analyse für Justizzwecke seien von derart vitaler Bedeutung, dass sie in einer Staatsverwaltung besser aufgehoben seien. Di Bartolomeo hofft, dass der Regierungsrat sich demnächst tatsächlich auf eine Formel für eine finanziell autonomere Staatsverwaltung LNS einigen wird. Haben doch unterdessen endlich auch die Bauarbeiten für das neue Staatslabo im Düdelinger Frankelach begonnen, soll das erste, das größere Teilstück des L-förmigen Gebäudes im Sommer 2011 fertig sein. Teil 2 ist in der Endphase der Planung.
Und die Forschung am LNS? – Sie müsse unbedingt weitergehen, meint LNS-Direktor René Scheiden, „damit unsere Mitarbeiter nicht auf der Stelle zu treten beginnen“. Scheiden wünscht sich sogar noch mehr davon, nicht zuletzt „mehr Studien auf den Daten, über die wir im LNS verfügen, mehr epidemiologische Forschung also“. Definitiv beantworten müsse man aber die Frage, „was Grundlagenforschung ist, die zum künftigen LNS eventuell nicht passt, undwas eine angewandte Forschung, die eine logische Fortsetzung unserer Analysearbeit ist“.
Das aber könnte heißen, wieder auf die Debatte von 2006 zurückkommen zu müssen. Denn eine Eigenart des CRP-Santé ist es, vor 20 Jahren als „établissement public auprès du LNS“ gegründet worden zu sein. Wie auch die beiden anderen CRP bei Staatsverwaltungen eingerichtet wurden – wenngleich diese bereits seit längerem nicht mehr existieren. Man hätte aber die Frage, ob es die Aufgabe des CRP-Santé sei, dem LNS zu Forschungsgeldern zu verhelfen, mit Ja beantworten können.
Heute aber muss man sich fragen, welchen Zweck eine öffentliche Einrichtung LNS neben einer schon bestehenden namens CRP-Santé hätte, die überdies sowohl biomedizinische Forschung betreibt als auch epidemiologische. Kann schon sein, dass am Ende beide, LNS wie CRP, neu erfunden werden müssten.
Peter Feist
Catégories: Politique de recherche, Santé
Édition: 16.10.2008