1978: Der deutsche Verfassungsschutz schickt die Warnung nach Luxemburg, dass bei der Gewerkschaftsfeier zum Ersten Mai am Escher Brillplatz ein terroristischer Anschlag geplant ist. Im vierten Band der Krimi-Reihe Guter Gendarm, böser Gendarm gerät Kapitän Fischbach gleich zwischen zwei Fronten. Zur Sicherung der Lage scheint ihm keine andere Wahl zu bleiben, als eine paramilitärische Truppe um Unterstützung zu bitten. Diese trainiert bereits seit Jahren zusammen im Dickweiler Wald, aber seit den (offiziell ungeklärten) Geschehnissen fünf Jahre zuvor – aus den vorherigen Bänden der Reihe – misstraut Fischbach diesen Männern. Gleichzeitig kommt es im Bettener Kloster zu einer brenzligen Situation, ausgelöst durch die Jugendlichen Steve und Danny. Die beiden sind in Heimen großgeworden und leben heute nach abgebrochenen Ausbildungen im Kloster. An einem scheinbar ganz normalen Nachmittag zücken sie plötzlich Waffen und nehmen Geiseln. Wie sind die Jugendlichen an die Waffen gekommen? Und wo kommen diese Waffen überhaupt her? Bevor Fischbach eine Antwort darauf bekommen kann, eskaliert die Lage.
Mit genauen Zeitangaben werden die Tage des verlängerten Wochenendes vor dem Ersten Mai nacherzählt, in denen sich die Ereignisse dann doch recht gemächlich entwickeln. Fischbachs Gegenspieler aus den vorhergehenden Bänden tauchen wieder auf; es geht um Waffenhandel, grenzüberschreitende Verbrechen, Terrorismus und Prostitution. Und es stellt sich die grundlegende Frage, inwieweit ein Ermittler ein abgekartetes System decken muss, um nicht selbst ausgeräumt zu werden ... und wo Fischbach in all dem steht, der bereits seit seinen Anfängen als Oberleutnant der Sûreté mit der Entscheidung zwischen Gut und Böse ringen muss.
Der Band der Krimi-Reihe spielt in den Siebzigern: Die Zeitumstände, die Spannungen um die Gewerkschaften und Arbeiterbewegung werden anhand von Figuren oder durch Radiobeiträge erzählt, die z. B. über die Ermordung des Präsidenten Mohammed Daoud Khan in Afghanistan informieren und so das damalige, reale Zeitgeschehen einbinden. Das alles erscheint manchmal etwas pragmatisch, wenn auch der historische Kontext umfassend zusammengestellt wurde, denn es hapert an der Darstellung: Zwischen Gesprächen, Zeugenbefragungen und Recherchen kommen Szenerie und Charaktere zu kurz, um eine filmische Atmosphäre aufkommen zu lassen.
In guter alter Maigret-Manier wird vieles durch die Ermittler und Figuren berichtet, Vorgeschichten, Psychologisierung und soziokulturelle Bedingungen miterklärt. Der Autor schöpft zur Ausgestaltung der Krawallbrüder Steve und Danny allem Anschein nach auch aus seiner Erfahrung als Direktor des Jungenheims in Luxemburg, einer sozialen Einrichtung für Kinder und Jugendliche. Trotzdem erscheint ihre Figuration gelegentlich übers Knie gebrochen und ihre psychologische Charakterisierung als sehr literarisch, linear. Auch die Dialoge der Ermittler und Befragten sind zum Teil steif und funktional: Im Fokus steht der Inhalt, nicht die Form; der Plot soll vorangeführt, Nebenfiguren und Hintergründe erklärt werden. Mehr zeigen, statt zu erklären, wäre an manchen Stellen zu bevorzugen – so dass die Sprecher, ihr Charakter und ihr Bezug zu dem Erzählten Kontur erhalten, die angelegte Spannung durch Einfühlung in die Figuren miterlebt werden kann. Immerhin stehen sich hier ein vielfältiges Ermittlerteam und Gestalten zwischen Gut und Böse gegenüber, deren Machtspielchen und Intrigen bis in höhere Ränge reichen... Wie wird es weitergehen um Kapitän Fischbach? Man kann gespannt sein auf seinen Werdegang und die Veränderung seiner Figur, die bereits mehrere Stufen im hierarchischen Machtgefüge emporgestiegen ist.
Das Lektorat entschuldigt sich mit Humor für einen Patzer auf der ersten Textseite - allerdings bleibt es leider nicht bei dem einen in dem Buch, von dessen LeserInnen wie LektorInnen man eine detektivhafte Lektüre erwarten sollte.