„Dat einfacht Heesche gëtt aus dem Code pénal erausgeholl“, meldete RTL vor einer Woche und Radio 100,7 wiederholte am Dienstag: „Déi einfach Heescherei gëtt aus dem Code pénal gestrach“, ergänzte jedoch, „fir eenzel Juristen ass déi Dispositioun haut jo schonn de facto net méi a Kraaft“. Diese Meldung kam überraschend, hatten in den vergangenen Monaten nicht nur die (versammelte linke) Opposition im Parlament, sondern auch der Staatsanwalt des Bezirksgerichts Luxemburg Georges Oswald, Generalstaatsanwältin Martine Solovieff, der Präsident des Obersten Gerichtshofs Thierry Hoscheit, der Professor für Verfassungsrecht Luc Heuschling und der Professor für Strafrecht Stefan Braum öffentlich kundgetan, dass das allgemeine Bettelverbot bereits 2008 abgeschafft worden sei – wenn auch möglicherweise versehentlich –, was seitdem durch mehrere Jurisprudenzen bestätigt wurde. Lediglich die Stater DP-Bürgermeisterin Lydie Polfer, CSV-Innenminister Léon Gloden und die Anwaltskanzlei des neuen Staatsratspräsidenten Marc Thewes, die für beide separate, doch größtenteils deckungsgleiche Gutachten erstellt hatte, hielten bis zuletzt hartnäckig an der in den letzten Tagen von RTL und 100,7 übernommenen Version fest, damit sie nicht zugeben mussten, dass es dem Bettelverbot im Polizeireglement der Stadt Luxemburg und seiner Genehmigung durch den Innenminister an einer gesetzlichen Grundlage fehlt. CSV-Justizministerin Elisabeth Margue hatte schon im Februar in einer parlamentarischen Ausschusssitzung angekündigt, sie wolle im Zuge einer Reform des Code pénal endgültig Rechtsklarheit schaffen: Die mendicité simple wolle sie auch künftig nicht strafrechtlich verbieten, den Gemeinden aber die Möglichkeit lassen, Einschränkungen über Reglements vorzunehmen. Damals hatte 100,7 noch gemeldet: „Kee Verbuet fir Mendicité simple zu Lëtzebuerg virgesinn.“
Selbst das Wording des Justizministeriums ist differenzierter als das diese Woche im Radio verbreitete: Auf Land-Nachfrage antwortete das Ministerium am Mittwoch, Margue sehe vor, „datt de Verbuet vun der einfacher Heescherei, deemno den Artikel 563 Punkt 6, definitiv aus dem Code pénal gestrach gëtt“. Gleichzeitig sollten „déi sougenannten aggressiv Heescherei“ und veraltete Artikel neu geregelt, Begriffe wie „vagabond“ und Dispositionen wie die zum Duell entfernt werden, was die Ministerin bereits im Radio verkündet hatte. Parallel dazu sei der Innenminister dabei, das Gemeindegesetz zu überarbeiten, um für kommunale Polizeiverordnungen den legalen Rahmen anzupassen, was durch die Verfassungsreform notwendig geworden sei. Dabei sollen laut Justizministerium auch die nicht mehr rechtsgültigen Dekrete von 1789 und 1790 in das Gemeindegesetz überführt werden, auf die Gloden sich ebenfalls berufen hatte, um seine Genehmigung des Stater Bettelverbots zu rechtfertigen. Diese Woche kündigte SNPGL-Präsidentin Marlène Negri indes im 100,7 an, die von CSV und DP im Regierungsprogramm versprochene „Gemengepolice“ werde am 1. Juli im Rahmen eines Pilotprojekts in der Hauptstadt und Esch/Alzette ihre Arbeit aufnehmen.