Cahiers luxembourgeois

Cahiers luxembourgeois, die Vierte

d'Lëtzebuerger Land du 25.11.2016

Die 1923 gegründeten Cahiers luxembourgeois sind bis heute die angesehenste Kulturzeitschrift der Luxemburger Geschichte. Deshalb werden sie im Zeitalter der Untoten nun schon zum dritten Mal ausgegraben, um sie zu neuem Leben zu erwecken.

Die Cahiers luxembourgeois wurden 1923 von einer Reihe liberaler Intellektueller wie Nicolas Ries, Frantz Clément, Joseph Hansen, Mathias Tresch, Pol Palgen, Mathias Esch und Nicolas Braunshausen sowie dem Drucker und Verleger Paul Schroell als eine von klerikalem Mief freie Literatur- und Kunstzeitschrift gegründet. Nach der Unterdrückung der Zeitschrift während des Kriegs brachten der große Grafiker ­Raymon Mehlen und der Journalist und Verleger Tony Jungblut sie 1946 wieder heraus, ab 1948 Raymon Mehlen allein. Eine der Ursachen ihres, wenn auch schwankenden, Erfolgs war die Mischung von literarischen Ansprüchen mit populärer Lokalgeschichte und werbefinanzierten Weihnachtsnummern über Firmen und Ortschaften.

Ohne dezidierte politische Ambitionen in den Zeiten des aufkommenden Faschismus und später des Kalten Kriegs waren die Cahiers luxembourgeiois als liberale Zeitschrift dennoch der klerikalen Rechten ein Dorn im Auge. Deshalb versuchte nach ihrem Untergang 1965 der Sankt-Paulus-Verlag mit einigen katholischen Intellektuellen, an die Cahiers anzuknüpfen und gründeten 1980, ohne Titelrechte auf das Original, Nos cahiers. Die Zeitschrift erscheint bis heute einschließlich jährlicher Monografien einzelner Kantone nach dem Vorbild der Cahiers luxembourgeois, aber ihre Verbreitung ist eher vertraulich.

1988 fand dann der liberale RTL-Journalist Nic Weber Geldgeber, um die Cahiers luxembourgeois bis hin zur Originalumschlaggestaltung wiederzubeleben. Aber die Veranstaltung erinnerte eher an ein Konveniat, das von der Nostalgie nach einer liberalen Intellektuellenkultur zehrte, die längst untergegangen war. Der Herausgeber hatte wachsende Mühe, Texte zu beschaffen, seine gesundheitlichen Schwierigkeiten taten das Übrige, und 2008 hörte die nur noch unregelmäßig erscheinende Zeitschrift wieder auf. Wahr ist aber auch, dass es neben der Tages- und Wochenpresse ein Überangebot an Kulturzeitschriften mit oft denselben Autoren gibt, von Galeries, Nos cahiers, Arts et lettres und Récré bis zu Hémecht und Forum.

Mit frischem Mut machen nun die Deutschlehrerin und Land-Kritikerin Elise Schmit, der wissenschaftliche Mitarbeiter an der Universität und Land-Autor Ian de Toffoli sowie der an allen kulturellen und politischen Fronten kämpfende CSSF-Beamte Marc Limpach mit Unterstützung des Kulturministeriums und der Nationallotterie einen neuen Versuch, die Cahiers luxembourgeois wiederzubeleben. Die drei Mal jährlich von einem gleichnamigen Verein herausgegebenen Cahiers luxembourgeois, die mehr Literatur- als Kulturzeitschrift zu werden scheinen, sollen laut Vorwort die Gelegenheit bieten, die zeitgenössische Luxemburger Literatur in belletristischen, essayistischen und wissenschaftlichen Texten in Luxemburgisch, Französisch, Deutsch und Englisch kennenzulernen.

Prosa und Lyrik für die erste Ausgabe haben Anita Gretsch (Claire Leydenbach), Nico Helminger, Jean-Paul Jacobs, Francis Kirps, Nathalie Ronvaux, Lambert Schlechter und Nora Wagener beigesteuert. Guy Helminger macht sich Gedanken über die Europäische ­Union, und Marc Limpach erinnert ausführlich an den aus Luxemburg stammenden „­Joseph ­Noerden am Berliner Ensemble“.

Les Cahiers luxembourgeois, 2016/1, 128 S., 20 Euro, Jahresabonnement 50 Euro, www.cahiersluxembourgeois.lu
Romain Hilgert
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