Die Männer haben es schwer im Moment. Sie haben ein schlechtes Image, man nennt sie derzeit häufig in Verbindung mit einer Hautfarbe, die nicht mal eine ist. Sie werden gerade neu entdeckt, eine interessante Spezies, dabei mitten unter uns.
Die Gruppe, die gerade massiv Besorgnis erregt, ist also weiß und alt und ungebildet, aber auch weiß und jung und ungebildet, sie scheint bildungsresistent. Diese Männer, so nennt man sie, sind so unflexibel und so verwurzelt und so starr und stur wie Böcke. Sie sitzen in der Ex-DDR in Dörfern, plötzlich merken sie, dass sie unter sich sind. Auf leisen Sohlen haben sich die Frauen vom Acker gemacht, dorthin, wo es mehr Menschen als Ochsen und Kartoffeln gibt. Sie sind zurück Gebliebene. Irgendwo in einem Hinterland, einem Hinterhof brüten sie vor sich hin, sie schmieden nichts, nicht mal Pläne.
Einst kochten echte Männer Stahl irgendwo im Irgendwo, aber niemand will mehr gekochten Stahl. Viele greifen wieder zu Pfeil und Bogen, die Frauen atmen kurz auf, Hauptsache, sie sind beschäftigt. Jetzt kommen Journalist_innen vorbei, fotografieren ihre in Zeitlupe kollabierenden Häuschen und stellen haufenweise intelligente Fragen. Die Journalist_innen haben diesen Kontinent gerade entdeckt, einen untergehenden Kontinent mit aussterbenden Menschen; schnell wollen sie noch ein paar gute Aufnahmen schießen.
Der Kontinent könnte alle mit in den Abgrund reißen, wird geschrieben. Auch in den großen Zeitungen schreiben sie das, in deren Chefetagen dieses farblose Geschlecht doch eigentlich stark repräsentiert ist. Ihre Geschlechtsgenossen, denen es nicht gut ging, hatten sie offenbar ein bisschen aus dem Blick verloren. In dieser Szene nennt man sich ja auch nicht Bro.
Ein bisschen Abwechslung diagnostiziert die neutrale Beobachterin schon, eben waren die Besorgnis Erregenden noch Männer mit Farben und Hintergründen. Sie waren vorwiegend jung und sehr motiviert. Alle Augen waren auf Grenzen und Moscheen und Banlieues gerichtet, überall wurden sie gesichtet. Aber halt immer Männer. Frauen tun ja niemandem was.
Dieses Geschlecht, das sicher aus geschickten Selbstvermarktungsgründen bis vor nicht allzu langer Zeit das starke hieß, war immer schon etwas prekär aufgestellt. Beim Auf-die-Welt-Kommen verhält es sich häufig etwas kompliziert, das Verlassen dieser Welt geschieht oft überstürzt, unüberlegt. Auf der Welt sind ihre Einfälle, sich möglichst schnell aus derselben zu schaffen, schier unerschöpflich. 125 000 Jahre gab ein Genetiker ihnen noch vor zehn Jahren, die nun auch schon wieder um sind.
It’s a man’s world! Die wurde so nachhaltig erschüttert in den letzten fünfzig Jahren, dass es kein Wunder ist, dass die Jungs etwas desorientiert sind. So lange gab es Keulen und Kathedralen, Armbruste und Ambosse, die Männer waren die Bosse. Dann brachte frau ihnen langsam und geduldig bei, zu teilen, die Macht, den Kuchen, die Welt. Die Hälfte des Himmels rauszurücken, dafür dürfen sie weinen und Fläschchen geben. Kein schlechter Deal, würde frau meinen.
Im Straßengraben und bei der Müllabfuhr macht frau ihnen die Vorherrschaft ja auch kaum streitig. Statt nach Väter-Sitte zu unterdrücken, sollen sie also auf Augenhöhe kommunizieren, die Quote respektieren und die Zote diskriminieren.
Die bösen Mädchen kommen überall hin, die bösen Jungs kommen in den Knast oder auf den Friedhof. Die guten Jungs tun sich auch zunehmend schwer. Kaum haben sie – so stellen idea-listische Feministinnen sich das zumindest vor – kapiert, dass Teilen nur zu ihrem Vorteil ist und es sie keineswegs kastriert, sehen sie Flutwellen von jungen, flinken Männern ins Land strömen, die einen besseren Teint haben, einen coolen Haarschnitt und eine coole Religion, die Frauen respektiert.
In Kinderzimmern sitzen junge Riesen vor Computern, sie sind sitzen geblieben. Sie klicken sich durch die Angebote der Porno- und Religionsindustrie, schauen sich Autopsien an und liken Muskelprotze. Und die neuen Führer.