Hat es mit unserer Kindersprache zu tun, dass der die Aborigenee sich häufig etwas, sagen wir: unsubtil ausdrückt? Sprachlich geht es hierzulande meist relativ unverblümt zu, nicht lange um den Brei und so. Also kein Chichi und überflüssige Dekorationen, unser bodenständiger Wortschatz lässt allzu komplexe Denkkonstruktionen ja auch kaum zu. Wir können uns im Bedarfsfall natürlich bei Nachbars bedienen, die verfügen ja über ausgedachte Sprachen.
Der Aborigenee muss sich nicht verrenken und sich schwindlig denken, seine Sprache ist die Sprache der Gewühle. Sie kommt aus dem Bauch, sehr tief, aus dem Stall, sehr Mief. Aus dem Herzen kommt sie aber auch, herzlich ist sie, zart, zärtlich, ausnehmend poetisch. Und dazu das Angebot an wirklich guten Schimpfwörtern!
Besonders verkopft ist sie aber nicht, der Mensch, der in diesem Ökotop ausgebrütet und gehütet wurde, braucht nicht so viele Konjunktive und Komparative, wozu auch, kann man sich davon ein Auto kaufen? Es muss nicht alles so relativiert und nuanciert werden, für wissenschaftliche Diskurse eignet sie sich daher nicht unbedingt, für Vorträge über Gravitationszyklen oder über die Menopause bei Dythiromnen. Wahrscheinlich wurde auch Bourdieu noch nicht ins Luxemburgische übersetzt, aber, wer weiß, vielleicht hat sich doch schon einer dahinter geklemmt. Auch für übertriebene Liebeserklärungen eignet sich unser Idiom bekanntlich nicht, der Romm und die Jull hätten es hier höchstens zu Stodi und Zodi gebracht.
Hat es etwa, grübel, mit der Sprache zu tun, unter anderem, dass gesellschaftlich akute Fragen hierzulande so flapsig abgehandelt werden? Und mit der Sozialisierung in unserer Sprache? Diese Kindersprache kann dazu verleiten, derb und plump zu sein, auch faul und ordinär. Sich pseudo-volkstümlich auszudrücken, kein Blatt vor den Mund, wir sind ja hier op eiser Mëscht. Und vielleicht schlägt das selbst dann durch, wenn Aborigenees sich fremdländischer Idiome befleißigen, und zwar unabhängig davon, wie gut sie sich darin ausdrücken können...
Ein Schuss Grobheit, ein Schuss Lässigkeit, da steht etwas Ungeheuerliches, aus einem offenen Brief quillt Widerliches heraus. Ja, na und? Es gibt zwar Kontra und Kritik, Einzelne, die dieses Amalgam aus Halbwahrheiten, Paranoia, Menschenverachtung und missionarischem Drang entlarven. Aber wo ist die Distanzierung und scharfe Zurückweisung von Seiten der Politik?
Hat ein katholischer Mensch etwas gesagt?
Wie lang hat es gedauert, bis Vianden sich bewusst wurde, dass Reime, in denen rennende Juden und brennendes Stroh vorkommen, nicht wirklich lustig sind? Wieso haben die Viandner_innen diese Killerverse geschmettert, ohne zu merken, was sie da zur Feier ihres Heiligen von sich gaben? Warum ist dieses Sensorium, die Feinfühligkeit und, ja, auch das Wissen um notwendige Tabus hierzulande so unterentwickelt? Warum fallen die Schockwellen, die durch die Zivilgesellschaft gehen, so schwach aus?
In Luxemburg werden Termina verwendet, die in den Medien des deutschsprachigen Ausland längst geächtet sind. Nur in sozialen Netzwerken oder rechtsradikalen Publikationen stößt man auf Aussagen wie jene, die Menschen als Abschaum bezeichnet. Die gute, brave Schweiz geht allerdings herzerfrischend ungeniert mit ihrer Sprache um. Da sie wie Luxemburg nicht mit Nazi-Verbrechen in Verbindung gebracht wird, ist alles sehr unkomplexiert, mit Wortkosmetik hält sie sich nicht auf, lieber lässt sie Ausländer realitätstüchtig ausschaffen.
In Luxemburg kommt dazu eine Saloppisierung, eine Vercoolung der Sprache, RTL-Kommentatoren reden locker von „fric“, Bettler haben „eng am Cannelli“, was aus dem Kommentar ein Schankgeplauder macht, ihm jede Seriosität nimmt.
Warum ist das alles so, weil das Land so klein ist, sich alle kennen, ach der, ach die, alles immer nur persönlich ist, es gibt nur die Person, nicht das Thema, das Wort, das Prinzip? Ich war mit ihm im Kindergarten, mit ihr im Bett, unsere Kinder sind in der Waldorfschule, wir haben den gleichen Psychiater.
Den nimmt doch keiner Ernst, die hat sie doch nicht mehr alle, allez, relax,