Eine Ferienliebe würde man nie Ferienliebe nennen. Vorausgesetzt, man ist weiblich oder besitzt wesentliche Wesensanteile, die einst diesem Geschlecht zugeordnet wurden. Eine Ferienliebe ist Liebe. Eine Ferienliebe ist die Liebe. Spätestens wenn die Insel, es kann auch ein Festland sein, aber nein, es ist immer eine Insel, mit dem griechischen Kellner, dem ägyptischen Barkeeper, dem kroatischen Fischer im Tränenmeer versinkt, es kann natürlich auch, wir wollen niemand diskriminieren, der Zahnarzt aus Bielefeld sein, wird klar sein, dass Er, dieser Sommerspuk, bis ans Ende der Tage das Herz, das er erobert hat, nie verlassen wird.
Und dass all die blassen Insassen des Alltags, die, neben denen man an der Bushaltestelle wartet oder Aufzug fährt via Karrierehimmel, der freundliche Freund und sämtliche Ehemänner nicht mithalten können. Sie haben schlechte Karten.
Sie sind nämlich da! Sie stehen, wie langweilig, im gleichen Regen herum, parken auf dem gleichen Parkplatz, lesen ähnliche Zeitungsartikel zu denen sie, wie langweilig, Kommentare abgeben, die frau sich schon vorstellen kann, sie muss nicht mal viel Vorstellungskraft haben. Sie rauchen Zigaretten, die man kennt, oder schlimmer, sie rauchen nicht, nehmen Speisen zu sich, die keinerlei Neugierde erwecken, sie sprechen eine Sprache, die weder weich noch kehlig klingt, sie klingt überhaupt nicht. Höchstens nach Bausparvertrag. Sie haben die gleichen Kinder.
Vielleicht wählen sie auch noch die gleichen Politiker, und wenn nicht, ist es auch nicht aufregender, frau regt sich höchstens auf. Man, gähn, versteht sie, sie sind nicht unverständlich, rätselhaft, geheimnisvoll, legendär, mythisch wie der kroatische Kellner oder der griechische Fischer, man versteht sich sogar mit ihnen.
Nur mit dem Träumen hapert es, warum soll man auch von jemand träumen, der da ist? Jemand, dessen Fußsohlenhornhaut einem vertraut ist, oder dessen Ansichten über verschleierte Geschlechtsgenossinnen und sein Schleierblick, wenn relativ unverhüllte Geschlechtsgenossinnen an ihm vorüber ziehen.
Ein Heiligenschein aus Sonnenstrahlen umgibt den Teufelskerl, Sterne waren auch immer an Bord. Wenn die Heimkehrerin, die in eine absurde Realität Verbannte, den Koffer auspackt, ist noch so ein Geruch in den Klamotten. Ferienflirt, nennen das die Freundinnen, die weiter machen mit ihren All-Inclusive- oder ihren Freizeitmännern, denen, die einigermaßen okay sind. Sie reden wie Frauenzeitschriften, die die Frauen in der Sommerausgabe schon vorbereiten auf die Zeit danach. Auf die mit der Herbstmode. Wenn sie sehr rücksichtsvoll sind, evaluieren sie Fernbeziehungskisten, umständliche.
Der Kollege aus dem Büro, mit dem es durchaus Berührungspunkte gibt, frau hätte sich durchaus vorstellen können, mit ihm etwas zu gründen, eine Firma, eine Familie, er war so kompatibel. Die ins Heimatexil Verbannte ist plötzlich erleuchtet, er hat sie nie wirklich berührt. So wenig wie der Mann im Hintergrund, der an der Seite oder von nebenbei, sie alle werden niemals konkurrieren können mit dem lateinischen Liebhaber, der kein Latein kann, oder mit dem Masseur aus Mauritius. Auch nicht mit dem Engländer mit seinem sexy Arbeiterklasseakzent, Cockney ist geiler als Shakespeare. Das wird ihr Englischlehrer nie kapieren. Nichts, was dieser tut oder sagt, überrascht, überrumpelt, verwirrt, verstört, betört eine. Und das Partnervermittlungsangebot, das laut Paarungstest perfekt passt, weil es nachts auch bei offenem Fenster schläft oder nichts mit Augen isst, wird gelöscht. Radeln ist auch plötzlich komplett wurscht, wer radelt schon in den siebenten Himmel?
Der aus oder in der Beziehungskiste, in der es schon arg nach Käsefüßen riecht, haut sie nicht um. Er hat sie eher stabilisiert, aber ist das eine Grenzerfahrung, eine grenzenlose? Er wird immer der Mann sein, der da ist.
Bis er dann nicht mehr da ist.
Vielleicht ist er ja jetzt der Traummann der thailändischen Professorin oder der sibirischen Fremdenführerin, oder der tunesischen Köchin?
Und der Traummann der Frau, die im Regen steht, wo bleibt der mit dem Regenschirm?