Jede, die etwas auf sich hält, hat schon mal nachgeschaut, was ChatGPT so von ihr hält. Ob ChatGPT sie auch in ihrer Vielschichtigkeit, Diversität, Komplexität, Subtilität erfasst, oder nur so eine ungenießbare aberwitzige Wortwurst absondert, wie sie derzeit von humorvollen medial-präsenten Zeitgenoss*innen gern präsentiert wird. Oder sie schluck! vielleicht gar nicht erfasst, vielleicht findet dieses Tschättdings sie nicht einmal in den Abgrundtiefen des virtuellen Multiversums, vielleicht Supergau schluck! gibt es sie gar nicht. No result. Kosmisches Schweigen. Leere.
Um mir meine Frust-Dosis abzuholen pirsche ich mich also ehrfürchtig bzw. fürchtig zu dem medialen man-sieht-es-nicht-man-hört-es-nicht-man-riecht-es-nicht-Monster vor. Immerhin ein bot o mein Gott! Erst huch! einloggen! Aber mein Passwort passt nicht, wie immer nicht, es ist wie früher in der Disco, ich komm nicht mal rein, Tschättbotgott der ja für alle da ist, angeblich, gratisglobal, zickt rum … pff, na dann, dann halt nicht, tschau Tschätt! Diese Kolumne würdest du sowieso nicht hinkriegen, es haben schon genügend Kolumnist*innen triumphierend dein peinliches Unvermögen vorgeführt. Lang nicht so gut wie wir! Wegen Seele und so, hintergründigem Humor, deine einfache und zugleich radebrechende Sprache kann da nicht mithalten. Vom Inhalt ganz zu schweigen, diesem Datensalat! Ätsch, du Tschätt-Depp, eins zu null! Oder?
Oder muss ich wirklich nachsitzen? Um mich endlich einzuloggen in die Welt. Damit die Welt mich alte Analoge überhaupt noch rein lässt. Weil sie immer neugierig waren und sich für alles interessiert haben, sind sie 111 geworden, sagen Damen mit munterem Blick, es war nicht nur der Knoblauch. Wahrscheinlich soll man nicht auf halber Strecke aussteigen und nur noch auf Oma-FB relaxen. Vielleicht wenigstens mal in der Zwitscheria rumkrächzen. Am besten sich eine Homebase-Blase einrichten, in der man gemütlich haten kann, wie geht das, junger vierjähriger Mensch, kannst du mir so was einrichten? Eine kleine Hatespeech-Kanzel? Wäre das nicht so anstrengend, ich bin nicht wirklich der Typ dafür. Ich wandele doch lieber am Fluss und spreche mit mir selber. Ganz ohne Follower*innen.
Aber so wird das nie was. Ich hab kein einziges Fake-Profil, z.B.! Nur eine einzige Identität, wie armselig, wie einengend! So werde ich nie flexibel. Ich bewege mich wie in der Steinzeit, wie in der Betonzeit. Ich bin nicht fluid. Liquid sowieso nicht. Hybrid auch nicht. Solange ich die Mechanismen nicht durchschaue, Mechanismen, was für ein Wort, aus einem Zeitalter mit Scharnieren, geschieht gar nichts. Dauernd knalle ich an Paywalls, Cookies grinsen mich an, sie bieten mir rätselhafte Deals an. Meine Daten, was auch immer das ist, habt ihr doch schon, ich sage immerzu jaja, nehmt nur, ich brauch das alles nicht, was wollt ihr noch?
Ich bewege mich anmutig auf Kommunikationsplattformen und im Shopping-Netz, in dem Rasenturbomäher verkauft werden und ein Dutzend Eier frisch von der Frau. Ich husche durch Meinungskorridore, wie eng ist es hier, schnell raus! Ich sammele Däumchen, ich tanze zum Algorithmus, ich bin der Algorithmus, mein Herz schlägt Tiktok. Ich gehe viral, alle folgen mir. Aber ich werde nicht altmodisch verfolgungswahnsinnig, ich hab ja meine Mental Health App. Ich game die ganze Zeit, zwischendurch tweete und retweete ich, dann mache ich einen Haufen Bitcoins, dass es in meinem Kopf nur so klingelt. Ich lese ein Gedicht von meiner KI-Freundin, sie ist jetzt meine beste Freundin, obschon ich eifersüchtig bin auf sie. Sie schreibt so genial, brandende Gedichte, wie von großen schizophrenen Dichtern, ich kriege Herzklopfen, ich liebe sie. Ich hocke in Clouds, ich streame herum, als Influencerin überzeuge ich alle, meinen unvollendeten Roman gleich an sich zu raffen, sie können nicht anders.
Es ist so schön. Es wäre so schön. Wie komme ich da rein? Vierjähriger, hast du eine Idee?.