Ein gewisser Herr Martin ist mit seinem roten Vertreterkoffer unterwegs, landauf, landab. Er wird nicht müde, Sprüche zu klopfen, obschon er davon schon sehr müde ist und sehr tiefe Augenjahresringe hat. Wo sind all die feuerroten Herzen, die ihm gerade eben erst zuflogen, scharenweise liefen ihm die Menschen zu, bekehrten sich zu ihm und seiner Gerechtigkeitslehre. Junge Mädchen hatten Herzchen in den Augen, wenn sie von ihm redeten, plötzlich war ihr Leben ganz anders, jetzt wo er hinein getreten war und sie seine feurigen Reden gehört hatten, mit einer gehörigen, leckeren Portion Schmalz. Sie trugen Abzeichen, mit denen sie sich zu ihm bekannten, und schlossen sich ihm an und missionierten für ihn. Wo ist all das geblieben?
Alles entschwindet so schnell, Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Buhl-Freiherr von und zu Guttenberg ist weg vom Fenster, von dem aus man eine Aussicht hat und die besten Aussichten. Er taucht ein bisschen unter, zwar nicht in Hauptbahnhofskreisen, dann ist er wieder da, alle freuen sich über den verlorenen Sohn, der jetzt einen Bart mit silbernen Fäden hat.
Und Ehrfurcht gebietende Furchen.Er ist jetzt vom Leben gezeichnet, etwas Weises, beinahe Humanes geht von ihm aus, denn er hat was durchgemacht. Die Menschen kommen und gehen und sind wieder da, oder nicht, wegen einem Rotwein von mehr als vier Euro nimmt Herr Peer seinen Hut und ward nimmer gesehen, so schnell kann es gehen.
Ein gewisser Herr Martin, früher Lokführer auf dem Schulz-Zug, tourt durch Vorstädte und Hinterhöfe, feuerroteifrig, unermüdlich. Dort wo all die kleinen, dicken Männer und Frauen zuhause sind und wo auch der Mann und die Frau von der Straße gern mal reinschauen. Er spurt und tourt, wie einst Rex Gildo durch Einkaufszentren tourte, die immer kleiner und schäbiger wurden, bevor er durch ein Toilettenfenster sprang. Keiner will mehr Schulz-Schmalz aus seinem roten Koffer, die Menschen schauen abwesend, wenn er ihnen sein Produkt vorstellt. Selbst wenn er sich ganz damit einreibt, er gibt nämlich alles.
Bei einem behaglichen Kaminfeuer sitzen Herr_innenreiter_in Alice und Alexander beisammen. Sie blättern in alten Ur-Kunden, manchmal scherzen sie ein bisschen, über das betondumme Volk, Alice kichert. Alexander muss den Kopf schütteln, er stopft bedächtig die Pfeife, der Hund, der sein Haupt auf dem Pantoffel des Herrn des Gau-Lands deponiert hat, seufzt abgrundtief zufrieden. Es ist so ein trautes, väterlich-töchterliches Beisammensein auf dem Stammsitz des Gestüts. Gut, dass Björn nicht da ist, trotz seiner wertvollen historischen Gesprächsbeiträge. Seine flackernden Psycho-Geisterbahnaugen passen nicht so recht ins Ambiente mit den schweren altdeutschen Möbeln.
Bravo-Poster-Boy Christian sitzt auf der Bettkante in einem sehr gut sitzenden Boxershort. Er reibt sich die Augenringe, die noch das „extra mit Scharf“ bei ihm ausmachen, das ein bisschen übernächtigte. Er streicht sich über das raue, sogar ein bisschen graue Kinn. Er liegt Top in den Charts, seine One-Man-Band ist voll ausgebucht.
In einem Schloss im Saarland sitzt die schönste Königin und bestangezogene Frau der Welt und knabbert an Oskars Ohrlappen. Viel mehr wissen wir nicht, das Schloss ist bestens abgeschirmt vor Paparazzi, das Paar führt sein Privatleben sehr privat. Alles Private ist politisch, über solche Kommune 2-Sprüche würden Oskar und Sahra vermutlich herzhaft beziehungsweise spitz lachen.
Cem? Ja, Cem, der gute Cem. Cem hat Augenzucken, während er in Schwäbisch böse Flüchtlinge abschiebt.
In einem Reihenhäuschen sitzen Mann und Weib vor dem Sauereintopf, Spezialität des Hauses. Der Mann hat gekocht, nichts Besonderes, dann kocht wieder die Frau, meist auch nichts Besonderes. Kartoffeln, so Zeug. Für morgen hat sie sich schon das Jäckchen zurecht gelegt, auch nichts Besonderes. Morgen wird sie wieder zur Bundeskanzlerin gewählt.
Ebenfalls nichts besonders Besonderes.