Meghan Markle, also die junge Dame, die der junge englische Prinz, vielleicht erinnern Sie sich, zum Traualtar führte, ist nicht nur eine Aktivistin und eine Feministin, sie ist eine „Influencerin“. Das lerne ich, wie ich gebannt den Adelsexpert_innen lausche, ihren Diagnosen und Prognosen, ihrer geballten Gnosis. Während ich den Adelsexpert_innen lausche, hörte ich, life long learning, das Wort Influencerin zum ersten Mal. Gehöre ich doch noch einer Degeneration an, in der Berufs- und Werdemöglichkeiten noch eng gefasst waren, man ging zum Staat, ins Büro, auf die Schmelz, wurde Prof oder ein ehrbarer Handwerker und wenn es ganz schlimm kam, Dichter. Für frau bot sich noch Verkäuferin oder Mutter an. Man konnte auch Taugenichts oder Tunichtgut werden, die sind heute ausgestorben. Verhaltens-Kreative hatten noch keine Fangemeinden, es gab sie noch nicht mal. Es gab nicht mal Lobbyistinnen oder It-Girls. Was gab es damals eigentlich? Es muss eine eintönige Zeit gewesen sein.
Nicht mal Followers existierten, höchstens ein paar, die meist fantasielos einer eher jungen Frau hinterherliefen. Wie hielten wir das eigentlich aus? Ohne Likes, Selfies, Hashtags, ohne Influencer_innen? Also Menschen, lerne ich etwas desillusioniert, die uns durch ihre soziale Autorität, ihre Vertrauenswürdigkeit, ihre Hingabe und ihr konsistentes Verhalten maßgeblich beeinflussen und dadurch unser Konsumverhalten maßgeblich steuern. Also solche wie das von der Werbung schwer umworbene deutsche Mädel Heidi Klum. Gut getarnte oder beiläufig platzierte Werbung gehört unbedingt dazu. Jesus, die Elternteile und die Herren Lehrer konnten da nicht mithalten, sie waren eher Anti-Werbeträger, wer von uns gab schon sein Taschengeld für den hippsten Rosenkranz aus oder für ein Deo mit Mathelehrer-Flair? Für Jesuslatschen später schon, aber dass es die Vatikan-PR war, die uns auf diesen Trip schickte, ist nicht bewiesen.
Jetzt sind wir nicht nur umringt von Influencer_innen, in der digitalen Demokratie können wir alle welche werden, mit oder ohne Hautfarbe und wie auch immer gestaltet, selbst etwas veraltet. Sechs Millionen Deutsche sind schon dabei, die luxemburgischen werden erst gezählt. Manche allerdings, peinlich, sind nur Mikro-Influencer_innen.
Zu den Influencer_innen gehören Blogger, die bloggen, was sie so tun, zum Beispiel joggen, und wie sie in welchem Outfit fit sind, dazu stellen sie neckische Selfies ins Einkaufsnetz, spontan, aber doch inszeniert. Professionell, aber nicht zu sehr, nicht routiniert. Journalistinnen gehören dazu und Friseure und Hausfrauen. Frau muss nicht mehr telefonsexy sein, um sich ein bisschen was dazu zu verdienen, sie kann auch ihren Achselhaare-Struwwellook herzeigen und das passende Dressing findet sich dann auch gleich. Oder ihren Kochtopf oder ihr Kind. Erstaunlich, sogar Kind zieht. Noch besser, werdendes Kind! Eine Dame, sich baby-affin Bibi heißend, postet Baby-Bäuchlein, umrundet von angeblich Begehrenswertem für werdende Mama und werdendes Kind. Aber was, wenn gewordenes Kind kein Baby-Topmodel ist? Doch so beklommenes Gegrübel ist antiproduktiv, es gibt immer passende Produkte, die man verpassen kann, für alle eine Marktnische. Okay, vielleicht nur eine Mikro-Marktnische.
Eine ein bisschen gute Leitfigur kann natürlich nicht schaden. Wobei es kaum fixe Regeln gibt, der Markt regelt sich ja bekanntlich selber, auch Fatness statt Fitness kann das Gefolge mobilisieren, sich zu einem Like aufzuraffen. Auch dieses gehört zu den „Supertargets“, wie das auf global heißt, Esperanto hat leider gar keine Follower_innen mehr.
Allerdings, eine Gruppe gibt es, bei der Enthaltung geboten ist. Egal wie sie sich mit welchem Superfahrrad und Supersmile ins Bild schiebt, bei der Gruppe der Politiker floppt selbst die raffinierteste Werbetaktik.
Wenn also Sprössling Influencer werden will, statt altmodisch Lobbyist, why not?, wie man auf global sagt. Die Zukunft wird ihm gehören, also die nächsten paar Minuten.