In feurigen Zungen spricht der Gottesmann am Pfingstdienstag in Echternach, dennoch bodenständig, geerdet, so dass das springende Autovolk auf dem Platz vor der Basilika ihm folgen kann und das Volk am Fernsehschirm auch, das vielleicht mit all dem nichts mehr am Hut hat, mit denen mit den Zauberhüten. „Sauerei!“, bricht es in dem lieblichen Städtchen an der Sauer aus dem frommen Mann hervor.
Ja, diese Christenheit, sie ist nicht mehr, was sie war. Ab und zu, an hochheiligen Feiertagen, rappelt sie sich auf, zeigt noch einmal, wo Gott wohnt, und ein seltsamer Zauber bemächtigt sich Jünger_innen und Voyeur_innen. Einmal im Jahr hüpft sie im längst von Gott Mammon beherrschten Luxemburg aus der Mottenkiste, zu betörenden Klängen. Die letzten Standhaften, die Abendländlichen, die Kultur-Erbinnen, die Folkloristen, sie sind auf dem Sprung oder säumen die Straßen: So flott wieder mal, und auch schönes Wetter! Und auch gut für den Bodymassenindex.
Alles gut, alles schön, alles heil, ein bisschen heilig, die richtige Dosis für ein vom menschenfressenden Autogott gesteuertes Land, für den Willibrord haben wir noch Zeit und Raum, er gehört dazu wie die
Fouer, das Mäertchen, die Automesse, ein Nationbrander auch noch: Seht her, diese Luxemburger sind nicht nur Bad Bankers, gotteskindlich hüpfen sie zu ihrem Heiligen. Beziehungsweise trippeln sie.
So euphorisch, wie alte Katholikin sich das wünschen würde, geht es bei der zwangsneurotischen, von hochgradigem Hospitalismus geprägten Veranstaltung nämlich leider nicht ab, Trance- und Ekstasefaktor mangelhaft. Das soll einen Veitstanz bannen, und böse Geister_innen?! Wo sind die Freudensprünge? Bleichgesichter_innen in bleichen Blusen und Hemden bewegen sich relativ unbewegt und viele, die so gehen, wie sie sind. Sie ziehen Beim Dokter vorbei und am stattlichen Rettungsaufgebot: Wer soll das brauchen? Niemand ist hier vom Glauben entflammt. Die Würdenträger tragen schwer an ihren Bauchbürden, auf ihrem Haupt gespaltene spitze Hüte und magische Mitren, immerhin. Heutzutage muss man aber ein bisschen mehr bieten, die Dancing-Stars-Konkurrenz ist groß.
Feurig also wenigstens die Worte, die aus dem lodernden Herzen des Erzbischofs hervorbrechen, feurig und zugleich derb wie weiland Erzrivale Luther, Volk mag so was, von göttlichem Zorn und irdischer Bildhaftigkeit getragen seine Tirade. Verständlich, statt auf einen Sprung bei Nationbrander Willibrord vorbei zu kommen, was angeblich hin und wieder vorgekommen sein soll, sollen Schüler_innen ab jetzt die Schulbänke drücken!
Dabei können sie sich ja immer noch zum Willibrord verdrücken, allerdings nur, wenn Elternteil diese frommen Schübe teilt. Und vielleicht sind sie dann in der Peer Group als etwas uncoole Betbrüder oder -schwestern abgespeichert. Vielleicht auch nicht, und alle wollen plötzlich so uncoole Betbros und Betsis sein, es gibt ja kein Tabu mehr. Die Menschen finden meistents praktikable Lösungen.
Wirklich Berufene sollten sich jedenfalls nicht davon abhalten lassen, dem Ruf zu folgen; nicht einmal durch diese unwahrscheinlichen, ominösen Prüfungen, der Herr hält noch ganz andere Prüfungen bereit. Die Urchristen ließen sich wegen ihres Glaubens die Haut bei lebendigem Leib abziehen oder von Löwen auffressen – da ist ein bisschen Gegrinse ja wohl noch auszuhalten, oder der zynische Blick eines atheistischen Lehrkörpers, es könnte eine gerade das zu einer Lodernden machen. Um zu glühen und Erwachsene zur Weißglut zu bringen, muss fräulein nicht mal mehr in die Burka schlüpfen.
Es wäre wieder voll cool, voll hot auf Jesus zu sein, mit ein bisschen Martyrium, dieser softe Katholizismus, dieses labberige Christentum mit Hölle höchstens noch light ist ja sowieso nix, deshalb laufen ja alle zu Allah über, der weiß noch, was er will. Leben, Tod, alles, für die Weicheier_innen mindestens der Hadsch nach Mekka.
Da sind ein paar wehrhaft erkämpfte Hüpfer in dem einen Katzensprung entfernten Echternach doch wohl noch zumutbar.