Der Female Board Pool will Sprungbrett für Führungsfrauen sein

Seidener Geduldsfaden

d'Lëtzebuerger Land du 10.03.2011

Quoten elo! An all Beräicher! So war auf einem Plakat zu lesen. Getragen wurde es von einer von rund 250 Frauen und einigen Männern, die vorm Parlament am Internationalen Frauentag gegen die geplante Abtreibungsreform der schwarz-roten Regierung demonstrierten (S. 4). Nicht nur die Abtreibung also, sondern auch die Situation von Frauen auf dem Arbeitsmarkt – niedrigere Löhne für die gleiche Arbeit, wenig Frauen in den Chefetagen – war den Demonstrantinnen ein Anliegen.

Während die eine im Freien standen, saßen knapp 90 Frauen im Hotel Mélia auf Kirchberg zusammen, um dem Startschuss zu Luxemburgs Version eines Female Board Pools beizuwohnen. Der Pool soll eine Plattform bieten, auf der sich Frauen, die in Verwaltungsräten sitzen, mit Newcomerinnen austauschen und mit Unternehmen vernetzen können, um eine Reserve an kompetenten Frauen in Luxemburg heranzubilden. Sie sollen in den stark männerdominierten Verwaltungsräten eines Tages Aufnahme finden.

85 Frauen und drei Männer waren gekommen, um den Referaten rund um das Thema Frauen in Verwaltungsräten zuzuhören. Eingeladen hatte Rita Knott, Präsidentin der Maison du Coaching, Mentoring et Consulting a.s.b.l. und Expertin in punkto Mentoring. Als Hauptgastredner auf der eintägigen Veranstaltung sprach Professor Doktor Martin Hilb vom Center of Corporate Governance der Universität Sankt Gallen. Weil auch in der Schweiz Frauen in Verwaltungsräten unterrepräsentiert sind und um die ähnlich eintönig zusammengesetzten Verwaltungsräte aufzumischen, ward dort die Idee eines Female Board Pools geboren.

Nun soll der Funken auf Luxemburg überspringen – und das könnte sogar gelingen: Zumindest unter den teilnehmenden Frauen war die Resonanz nach dem Seminar eindeutig positiv: „Es bietet eine hervorragende Gelegenheit, selbst zu netzwerken“, lobt Myriam Muller von Syneola S.A. Eine andere beschreibt vor allem den Austausch mit erfahrenen Frauen als „wertvoll“ und „anregend“. In fünf Workshops diskutierten die Frauen, die überwiegend aus der Privatwirtschaft stammen, über die Notwendigkeit von Netzwerken und Mentoring für die weibliche Karriereplanung. „Männer können wunderbar netzwerken, wir Frauen haben da viel aufzuholen“, sagte Miriam Mascherin von Elite Advisors S. A. und neue Präsidentin der Fédération des Femmes cheffes d’entreprises du Luxembourg (FFCEL).

Während Männner häufig über ihre olds boys networks die Erfolgsleiter nach oben steigen, gelingt Frauen der Durchbruch durch die gläserne Decke seltener und oft nur unter Mühen. Auch weil sie die Notwendigkeit des Netzwerke-Schmiedens unterschätzen: „Ich habe das früher auch nicht wichtig gefunden“, erinnert sich die israelische Botschafterin in Belgien und Luxemburg, Tamar Samash. „Heute bin ich Feministin“, sagt sie überzeugt und erzählt von einem ihrer ersten Erlebnisse in einem männlichen dominierten Board: Nach einer langen Sitzung hatte der Präsident eine Kaffeepause vorgeschlagen – und dabei erwartungsvoll in ihre Richtung geblickt. Samashs schlagfertige Antwort: Das sei eine prima Idee, sie hätte ihn gerne mit Milch und Zucker.

Das ist nur eine Erfahrung von vielen, auch positiven, aber sie steht sinnbildhaft, so die einhellige Meinung im Workshop, für die zahlreichen Vorurteile, denen Frauen, die Karriere machen, noch immer begegnen. Eine Gratis-Kostprobe konnte man nach der Veranstaltung hören: Da sorgte sich einer der männlichen Teilnehmer plötzlich, die Frauen könnten ihrerseits ihren Weg nach oben nun via „copinage“ organisieren. Die amüsierte Antwort der beistehenden Frauen: „Und bei euch Männern heißt das dann Networking?“ Networking war überhaupt das großre Stichwort am Dienstag: In den Kaffee- und Mittagspausen wurden eifrig Visitenkarten ausgetauscht, wer wollte, konnte sich über die Vereine, die Führungsfrauen unterstützen, informieren: Femmes cheffes d’entreprises, Femmes leaders und wie sie alle heißen.

Nur bei einem Thema war eher Zurückhaltung angesagt: die Frage nach einer gesetzliche Quotenregelung für Unternehmen. Wohl weil sich die Frauen untereinander darin nicht ganz einig sind: Beim abschließenden Rundtischgespräch „Quotas de femmes dans les conseils d’administration – vraie avancée ou totale régression?“ im benachbarten Konferenzzentrum saßen mit Françoise Folmer von der FFCEL eine Befürworterin, mit Jacqui Robertson von ING Luxemburg eine Gegnerin gesetzlicher Quoten am Tisch. Das überwiegend weibliche Podium bekam die Gelegenheit, per Knopfdruck abzustimmen – und stimmte mehrheitlich für eine Bewährungsfrist für Unternehmen, die dann, bei Misserfolg, aber durch eine Quote abgelöst werden sollte.

Für Verwirrung sorgte Chancengleichheitsministerin Françoise Hetto-Gaasch. Als sie am Dienstagabend das Wort ergriff, bezog sie sich auf den Female Board Pool, den ihr Ministerium mitfinanziert. Man könne überlegen, ob das freiwillige Female Board Pool eine Alternative zur gesetzlichen Quote sein könne, dachte die CSV-Politikerin laut. Ob solch ein Entweder-oder im Sinne der Erfinderinnen ist? In ihrer Einladung hatten die Organisatorinnen den Pool selbst in den Kontext von Quoten gestellt. Der Geduldsfaden vieler Frauen ist jedenfalls inzwischen ein seidener: „200 Jahre will hier niemand mehr auf ihren beruflichen Erfolg warten“, stellte sogar die Quotengegnerin auf dem Podium fest.

Ines Kurschat
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