Amerikanische Draufgänger

Kolonie La Luna

d'Lëtzebuerger Land du 03.02.2012

Heute loben wir die amerikanischen Draufgänger. Si zerklappe sech wéi d’Buuschtebënner, die republikanischen Kandidaten im Präsidentschaftswahlkampf. Argumentfrei, aber gewaltbereit: auf dem catwalk der niedersten Instinkte stehlen sich die Gingrich, Romney und Santorum gegenseitig die Show. Und schlagen sich im parteiinternen Vernichtungsfeldzug munter die Köpfe ein. Diese hemmungslosen Hochstapler und Raufbolde erheben den Anspruch, nach den höchsten Staatsämtern zu greifen. Das kann ja heiter werden im Paradies der unbegrenzten Möglichkeiten.

Es geht diesen aufgeblasenen Kraftmeiern offenbar nur noch darum, wer am auffälligsten mit Vorurteilen um sich werfen kann. Sachkenntnis, oder gar Kompetenz im Detail, oder einen vernünftigen politischen Plan brauchen sie nicht. Sie sind reine Feindbild-Dealer. Ihre Ware ist die pure Emotion, die massentaugliche Dauererregung. Ihre Köpfe sind vollgestopft mit religiösem Wahn, ihr Weltbild ist verseucht vor lauter kriegerischen Metaphern. Sie rüsten verbal auf, sie möchten alles zertrümmern, was ihrer Machtsucht im Wege steht. Obama sei gar kein richtiger Amerikaner: das ist ihr wohlfeiles fastfood für die ressentimentgeladene Anhängerschaft. Demnach haben wir es hier mit den richtigen Amerikanern zu tun. Der richtige Amerikaner ist Republikaner und empfindet den Rest der Menschheit als verkommene, sozialistische Verschwörerbande, die man mit der großen Keule zur Räson bringen muss.

Eine bahnbrechende Idee muss man Herrn Gingrich allerdings gutschreiben. Er hat versprochen, falls er zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wird, „zum Ende seiner zweiten Amtszeit“ eine amerikanische Kolonie auf dem Mond einzurichten. Das ist hervorragende Entspannungspolitik. Denn wir dürfen ja davon ausgehen, dass zuvorderst Herr Gingrich und die Legionen seiner treuen Statisten sich für immer und ewig auf den Mond schießen lassen. Und sei es nur, um zu beweisen, wie wichtig die Vorherrschaft der Republikaner auf dem Erdtrabanten ist. Der Mond ist noch nicht kolonisiert, es wird also Zeit, dass er endlich mit knallharten Expansionsgelüsten konfrontiert wird.

Herr Gingrich darf ruhig all seine Falken und Kriegstreiber mit auf die Reise nehmen. Auf dem Mond ist viel Platz, da können die Republikaner spektakuläre Schlachtfelder sozusagen konkurrenzlos unter sich aushandeln. Bestimmt wird der mondsüchtige Präsidentendarsteller auf seinen Parteilisten viele abgetakelte Schauspieler ausfindig machen, die für ein anständiges Honorar islamische Bösewichte mimen und in den kahlen Mondlandschaften furchtbare Massenvernichtungswaffen verstecken. Für Mord und Totschlag wird also gesorgt sein. Die wilde Jagd auf Andersdenkende ist dann eine innere Angelegenheit der Republikaner. Auf dem Mond kann man übrigens auch Atombomben zünden. Es wird den fahlen Trabanten wenig jucken. Aber Herr Gingrich wird sich vorkommen wie ein Duplikat des Allmächtigen.

Das Schlimmste, was den Republikanern bei ihrer kollektiven Aussiedelung auf den Mond passieren könnte, wäre, dass die Amerikaner schon da sind, wenn die Amerikaner landen. Das wäre natürlich der größte anzunehmende politische Unfall. Aber zuzutrauen wäre ein solches Missgeschick den legendären Kolonisatoren. Man weiß ja nie, wo wer gerade heftig kolonisiert. Das war zu Kolumbus’ Zeiten nicht anders. Doch auch für diesen Ernstfall haben die Monderoberer bestimmt schon vorgesorgt. Ein kleiner, wüster Bürgerkrieg wird vom Zaun gebrochen, die einen dürfen ins Mondgras beißen, und die anderen schauen sich nach neuen Feinden um.

Müssen wir hier eigens betonen, dass wir Herrn Gingrichs Mondprojekt mit Begeisterung unterstützen? Wenn nötig auch mit großzügigen Spenden? 1 000 Dollar für jeden Republikaner, der auf Nimmerwiedersehen im Kosmos verschwindet. Der Mondkandidat muss sich nur glaubhaft verpflichten, nie mehr auf amerikanisches Territorium zurückzukehren. Wenn am Ende dann fast 50 Prozent der Amerikaner ausgeflogen sind und all die Unbelehrbaren, Rassisten, Gotteskrieger, Gewalttäter, Hetzer, Finanzgauner und Betrüger sich auf dem Mond zusammengerottet haben, wird es auf einen Schlag viel friedlicher zugehen in den Staaten. Und in der Welt vermutlich auch.

Wir Erdlinge werden in diesem Fall den Mond künftig mit anderen Augen sehen. Monat für Monat werden wir uns auf den abnehmenden Mond freuen. Je mehr er abnimmt, umso zahlreicher werden die republikanischen Mondbewohner im Dunkeln hocken. Ist das kein schönes Bild? Monat für Monat geht jenes verabscheuungswürdige Amerika unter in der Finsternis, die es selber gewählt hat. Die leuchtende Sichel wird schmaler und schmaler und verschwindet, die Mondkolonie wird am Ende ganz ausgeblendet, wir müssen das Elend nicht länger betrachten.

Nur bei Vollmond wird uns vielleicht ein mulmiges Gefühl beschleichen. Das kann an der auffällig blutroten Farbe des Himmelskörpers liegen. Wünschen wir uns also für jede Vollmondnacht eine prächtige, dichte, barmherzige Wolkendecke.

Guy Rewenig
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