Tzeedee

Am Ende ist es am schönsten

d'Lëtzebuerger Land du 22.03.2013

Kriecht da etwas in der Erde, und hat sich nicht gerade eine Gestalt durch die Tür geschlichen? Ebenso bedrohlich sind die Krieger, die in der Ferne zu treibenden Trommelrhythmen heranrücken. Dieses erste Bild, das Plankton Waves auf ihrer zweiten EP Songs of Endings zeichnen, gibt einen Vorgeschmack auf die Alptraumwelten, Fabelgestalten und Untergänge, die auch in all denen anderen Liedern auf den Hörer lauern. Warrior beginnt mit einer klimpernden Melodie, die an die elektronischen Harfentönen von Björk erinnern. Diese wird durch einen andächtigen Synthizer-Teppich ersetzt, der Natalies Stimme viel Raum für ausgedehnte Strophen lässt. Die Vorstellung von anrückenden Heeren „modriger“ Krieger und deren furchterregendem Trommeln steht im Kontrast zum Gesang, denn Natalie singt apathisch, mit glasklarer Stimme über das eintreffende Unheil.

Diese fatalistische Einstellung gegenüber den zahlreichen Katastrophen, die sich Plankton Waves ausgedacht haben, ist vor allem im letzten Stück, das den vielsagenden Titel World’s End trägt, zu spüren. Natalies Stimme schlägt hier tiefere Töne an als damals mit den Punkrockern von John McAsskill. „Die Welt geht unter, alle schreien in Agonie.“ Würde dies der Realität entsprechen, verhielten sich Plankton Waves sehr vorbildlich: Sie geraten nicht in Panik und bewahren einen kühlen Kopf („Wir haben verdient, was jetzt kommt“, würden sie sich wohl denken).

Man stellt sich Ian Curtis vor, wie er plötzlich im Proberaum der Ur-Elektroniker von Kraftwerk auftaucht und mit ihnen World’s End – ohne Gitarre, versteht sich – komponiert. Plankton Waves haben hier ein perfektes Stück Darkwave zusammengebastelt, das nach mehrmaligem Hinhören nicht mehr aus dem Kopf gehen will. Das Lied beweist die Vielfältigkeit der beiden Musiker, die bereits zusammen mit John MacAsskill ungeschliffenem Punkrock schrieben und ebenfalls die schräge Welt des Elektro-Pops mit Minipli eroberten.

Obwohl sich die mystische Stimmung durch alle Titel auf Songs of Endings zieht, unterscheiden sich die Genres der verschiedenen Stücke doch ein wenig. I should love her steht in direktem Kontrast zu dem düsteren World’s End. Natalie singt hier in ungewohnt hohen Tönen und gewährt Einblick in die emotionale Welt der Hauptfigur, die von Reue und Traurigkeit erzählt. Dank der markanten Melodien ist I should love her der poppigste Song der Platte. Out there, mit dem stetigen Beat und den zahmeren Synthesizern, klingt weniger mitreißend als die restlichen Stücke. Die dichten Chöre machen dies zum Teil wieder wett, doch Out there kommt trotzdem nicht an die Songstruktur und Michels verspielten Synth-Arragements der anderen Songs heran.

Plankton Waves widmen sich in vielen Stücken der Schattenseite der Natur, der sie eine Prise Mystisches hinzufügen. Da kommt der Mythos des Cthulhu gerade richtig, der Autor H.P Lovecraft in einer Kurzgeschichte zum Leben ruft. In Cthulhu beschwört Natalie das Ozeanmonster, das der Legende nach tief im Südpazifik gefangen ist, mit einem außerirdischen Dialekt. Und wieder wird dem Ende entgegengefiebert, das diesmal durch das Auferstehen des Seeungeheuers hervorgerufen wird.

Die früheren Bands, in denen Michel Flammant und Natalie Pickar Schlüsselrollen spielten, haben in den verschiedenen Genres der luxemburgischen Musikwelt immer wieder ganz vorne mitgespielt. Mit Plankton Waves führen die beiden diesen Trend weiter, denn es handelt sich hier um eine der erfrischendsten Veröffentlichungen der Szene.

Ähnlich wie The Knife oder Planningtorock, die wohl womöglich als Inspiration für Songs of Endings waren, mischt Plankton Waves analoge Electro-Sounds mit einer hypnotischen Atmosphäre, aus denen ein ganz eigenes Universum entsteht. Trotz des Electro-Aufhängers jedoch nicht unbedingt für jeden zugänglich, denn für Fans von saftigen Beats könnten die fünf Titel zu dünn klingen, und nur wenige Stationen in der heimischen Radiolandschaft spielen Düsteres. In der Tat genügt ein kurzes Hinhören nicht, um sich von der Stimmung und der dunklen Fabelwelt aufsaugen zu lassen.Nur, wer sich Zeit mit Songs of Endings nimmt, versteht schließlich, wieso die Band ihr Werk als den perfekten Soundtrack für einen Fiebertraum in einer windigen Herbstnacht beschreibt. Von diesem Fieber werden sich wohl noch einige anstecken lassen.

Claire Barthelemy
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