Panama-Papiere

Kein großer Knall

d'Lëtzebuerger Land du 13.05.2016

Der große Knall ist ausgeblieben, nachdem das internationale Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ) am Montagabend die Metadaten der Panama-Papiere ins Netz stellte. Den Bruttodaten zufolge, schuf die panamaische Anwaltskanzlei Mossack Fonseca 10 877 Offshore-Gesellschaften für Auftraggeber aus Luxemburg. Als Vermittler traten 411 verschiedene Einheiten, Banken, Treuhanddienstleister und Anwaltskanzleien, in Erscheinung. Doch hinter den Fantasienamen der Gesellschaften bleiben die eigentlichen Eigentümer versteckt. Dass viele der Gesellschaften mit Inhaberaktien funktionierten, erklärt auch die große Anzahl Inhaber, der Bearer, die unter den 1 764 Gesellschaftsdirektoren in Erscheinung treten. Deshalb können aus diesem Datenwust keine Schlussfolgerungen darüber gezogen, wozu die Offshore-Gesellschaften gedient haben, und welche Rolle dabei die Luxemburger Strohmänner gespielt haben. Waren in der ersten Welle der Panama-Papiere vor allem die Bil-Tochter Experta, die Banque Safra, Société Générale Banque and Trust, sowie feu Landsbanki in den Blickpunkt geraten, ist nun aktenkundig, was viele zumindest vermutet hatten: Sie waren längst nicht die einzigen. Interessant sind deshalb die Details. Die Commerzbank, die vergangenen Herbst in Deutschland 17 Millionen Euro Strafe gezahlt hat, um Buße für Schwarzgeldgeschäfte in Luxemburg und Panama zu leisten, taucht auf der Liste auf. Die BCEE, gegen die im gleichen Zeitraum in deutschen Medien ähnliche Vorwurfe laut geworden waren, hingegen nicht. Die BGL BNP Paribas hat den Daten zufolge auch nach ihrer Rettung durch den Luxemburger Staat im Herbst 2008 noch Gesellschaften vermittelt, das obwohl CEO Carlo Thill bei der Vorstellung der Jahresergebnisse vor wenigen Wochen erklärte hatte, die Bank habe niemals eine Aktivität in Panama gehabt. Diese Firmen gibt es nicht mehr, doch BGL bleibt (für Fortis Luxembourg Vie SA) Direktor der Firma Diario Assets auf den britischen Jungferninseln. Auch die andere private Bank mit staatlicher Beteiligung, die Bil, steht auf der Liste. Die von ihr in den Jahren 2004 bis 2006 vermittelten Gesellschaften bestehen heute nicht mehr, sie bleibt aber Officer der Gesellschaft Ardor Ltd., ebenfalls auf den britischen Jungferninseln.Unterhaltsam ist auch, dass die Anwaltskanzlei des ehemaligen Parlamentspräsidenten mit Ministerambitionen, Laurent Mosar (CSV), bis Mitte der Neunziger Panama-Gesellschaften an Kunden vermittelt hat. Das, sagte Mosar dem Luxemburger Wort, sei seinen belgischen Partnern geschuldet, die, das hatte sich nach Luxleaks herausgestellt, auch Rulings angefertigt hatten. Niemanden dürfte es wundern, dass der Steueranwalt Alain Steichen in den Panama Papers mehrmals genannt wird. Seine Kanzlei, Bonn Steichen & Partners, taucht als Vermittler auf. Peinlich ist dies deshalb, weil Steichen den Luxemburger Staat im Berufungsprozess im Fall Fiat Finance and Trade gegen die EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof vertritt. Er selbst ist Teilhaber der noch aktiven Secronda Inc auf den britischen Jungferninseln, mit Luxemburger Meldeadresse in seinem Büro auf Nummer 2, rue Peternelchen in Howald. Gleich nebenan befinden sich die Büros des Unternehmers Eric Lux. Seine Ikodomos Holding ist Teilhaber der noch aktiven Firma Gravity Sport Management Ltd auf den britischen Jungferninseln. Auch die Gesellschaft des unternehmerischen Wunderknaben Gerard Lopes ist Teilhaber dieser Firma. Sogar der Verteidiger des Luxleaks-Angeklagten Antoine Deltour, Philippe Penning, wurde am Dienstag von den Panama-Papieren eingeholt. Die Kanzlei Penning Schiltz Wurth vermittelte ab den Achtzigern bis noch 2010 Dutzende Panama-Gesellschaften an Kunden. Das nahm Pennings Plädoyer am Dienstag, in dem er Antoine Deltour als „frische Brise“ in dem sehr materialistischen Luxemburg bezeichnete, ein wenig den Schneid, obwohl nicht er selbst, sondern sein Vater Jim Penning und sein Partner es waren, die Firmen vermittelten. Der große Abwesende in den Panama-Papieren ist der Direktor der CSSF, Claude Marx. Die belgische Zeitung Le Soir, Mitglied im ICIJ, hatte Claude Marx als Vertreter von HSBC in Offshore-Gesellschaften zitiert. Marx hatte dem Land in einem Interview Ende April erklärt, er habe Kunden keine Offshore-Gesellschaften vermittelt, er sei nie Verwaltungsratsmitglied in Offshore-Firmen gewesen und die Bank habe dererlei Treuhanddienste nie angeboten. Aus den bisher vom ICIJ veröffentlichten Metadaten geht hervor, dass Marx früherer Arbeitgeber HSBC Private Bank Dutzende Gesellschaften vermittelt hat. Sein Name taucht darin hingegen nicht auf.

Michèle Sinner
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