Heute loben wir die idealistischen Staatsschützer. Sehr geehrter Herr Geheimdienstchef Heck! Wissen Sie, welche Frage uns sofort in den Sinn kam, als Sie so wendig planschten im ungemütlichen Haifischbecken der Untersuchungskommission? Wieso um alles in der Welt sind Sie nicht Gärtner geworden? Sie sind von solider Konstitution, ein athletisch gebauter Typ gar, die Strapazen der Hortikultur wären für Sie ein Kinderspiel. Was bringt es Ihnen, immer nur im Dunkeln zu munkeln? Wie verkraften Sie es, ständig neue Feinde des Staates auszubuddeln, ohne Unterlass zu graben und zu wühlen in den schwärzesten Sümpfen? Ihr Vorgänger und Ausbilder, Herr Mille, hat es schön auf den Punkt gebracht: Wenn die Paranoia Raum gegriffen hat, gibt es kein Halten mehr.
Tauschen Sie doch einfach den unberechenbaren Staat gegen einen großzügigen, wunderbar ergiebigen Garten! Keine Angst, Ihre Geheimdienstchefallüren brauchen Sie gar nicht aufzugeben. Der Garten wäre fortan Ihr kleiner Privatstaat. Sie könnten schalten und walten nach Herzenslust. Wir wissen ja, dass sich in jedem Garten viele krumme Pflanzen breitmachen. Verdächtige Gewächse, die sich an keine Norm halten und vermessen wuchern nach eigenen Regeln. Tagtäglich könnten Sie Unkraut rupfen, ohne richterliche Verfügung und ohne lästige Einmischung übergeordneter Organe. Sie wären der Chef mit unbeschränkten Befugnissen, der große Säuberer von eigenen Gnaden.
Bestimmt haben Ihre amerikanischen Freunde von Nato und Namsa Ihnen verraten, wie man zum Beispiel eine rebellische Schnecke mit einem kleinen Waterboarding zur Räson bringen kann. Es springt ins Auge: Die Schnecken halten sich an gar kein Gesetz. Sie fressen sich rücksichtslos durch die Gartenpracht. Sie sabotieren alles, was ihnen nicht gehört. Geheimdienstlich betrachtet, sind die Schnecken sogar die allergefährlichsten Elemente im gesamten gärtnerischen Bereich. Sie huldigen einem Anarchismus, der auf Dauer die Gesundheit aller Pflanzen gefährdet. Für Sie wäre es ein Leichtes, alle Schnecken taktisch zu eliminieren. Ohne viel Federlesens. Dazu brauchten Sie nicht einmal einen großen Apparat von Schnüfflern, Telefonwanzen, versteckten Kameras und Armbanduhren. Sie wären der alleinige Herrscher vor Ort. Sie würden ratzfatz entscheiden, wie mit den Schnecken zu verfahren wäre. Gnadengesuche könnten Sie rundweg ablehnen.
Haben Sie schon mal beobachtet, wie sich die Ameisenvölker im Garten verhalten? Hier haben wir es mit einer durch und durch organisierten Gemeinschaft perfekt ausgebildeter Terroristen im Kleinformat zu tun. Die Ameisen sind in der Lage, binnen kürzester Zeit einen ganzen Garten unter ihre Kontrolle zu bringen. Sie scheren sich keinen Deut um die legitimen Ansprüche ihrer Mitbewohner, mit verwandten Insekten springen sie um, als hätten sie noch nie etwas von verfassungsrechtlich verbrieften Tierrechten gehört. Die Läuse zum Beispiel, diese niedlichen Akrobaten auf Blättern und Halmen, werden von den Ameisen regelrecht verfolgt. Entführt und verschleppt werden sie, gefesselt und geknebelt, auf meterhohen Sonnenblumen eingekerkert, mit Säure betäubt, zu wehrlosen Spielbällchen degradiert. Die Ameisen sind das exakte Vorbild für die Missetäter im Staat. Sie benehmen sich sogar noch schlimmer, denn sie üben ihre frevlerische Tätigkeit am hellichten Tag aus, vor aller Augen.
Sie sehen, sehr geehrter Herr Heck: Im Garten fehlt offenbar ein unbestechlicher Geheimdienstchef. Wären Sie ein Gärtner, könnten Sie auf der Stelle eine Art Guantanamo für Ameisen einrichten, ein verborgenes Lager hinter dem Komposthaufen, wo die terroristischen Ameisen schneller landen, als ihnen lieb ist. Sie müssten sich nicht immer wieder durch ein Dickicht aus Formalitäten und Vorschriften kämpfen, nein, ganz kreativ könnten Sie durchgreifen, im höheren Interesse der Gartenkultur. Der gesamte Geheimdienst wäre plötzlich in Ihrer Person vereinigt, mit unsicheren Kantonisten in Ihren eigenen Reihen bräuchten Sie sich nicht länger herumzuplagen. Verschlagene und eigensinnige Mitarbeiter könnten Sie kurzerhand zum Teufel jagen. Allein Ihr überragendes Talent wäre gefragt, Sie hätten eine exklusive Lizenz zum ausufernden Gartenschutz.
Niemand würde Ihrem Gartengeheimdienst in die Karten schauen, keiner würde sich trauen, Ihnen etwa eine gartenskeptische Untersuchungskommission aufzuhalsen. Sie müssten nicht ständig über jede einzelne beschattete Ameise Auskunft geben. Akteneinsicht käme nicht in Frage, da Sie den ganzen bürokratischen Krempel locker im Jauchefass entsorgen könnten. Ist es nicht unter Ihrer Würde, vor einem ganzen Kindergarten von theatralisch auftrumpfenden Abgeordneten Rechenschaft ablegen zu müssen? Im Garten blieben Sie vor derlei Laienschauspielern verschont. Und Sie wären immer an der frischen Luft. Schluss mit den ungesunden, lichtscheuen Arbeitsvorgängen im vermoderten Untergrund! Schluss mit der nervenaufreibenden Konsenssuche! Werden Sie Gärtner, Herr Heck! Militieren Sie frei und ungehemmt für die aufrechten Pflanzen!