Bahnverbindungen nach Trier

Zuckeltempo

d'Lëtzebuerger Land du 22.02.2001

Dass die Partei der Grünen von Rheinland-Pfalz und ihr Stadtverband Konz-Saarburg am Dienstag zu einem Rundtischgespräch über die Zukunft des Schienenverkehrs in der Region Trier/Luxemburg einluden, hatte damit zu tun, dass Ende März in Rheinland-Pfalz Landtagswahlen stattfinden. Da in Deutschland jedoch die Planung von Schienenwegen überwiegend Angelegenheit der Bundesregierung ist und die Grünen an ihr beteiligt sind, hätte man von dieser Diskussion durchaus ein paar strategische Aussagen erwarten können, die auch für Luxemburg von Interesse gewesen wären - zumal in der Person von Albert Schmidt nicht nur der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Berliner Bundestag am Konferenztisch Platz genommen hatte, sondern auch ein Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG. Die ist seit August letzten Jahres vor allem in der Region Trier, aber auch in Luxemburg, ins Gerede gekommen durch die angekündigte Stilllegung aller Interregio-Bahnverbindungen, von der auch drei tägliche Zugpaare ins Großherzogtum betroffen wären.

Aber ach: die Lage ist derart schwierig und komplex, dass man über eine Beschreibung des beklagenswerten Zustandes kaum hinaus kam. Die Wurzel allen Übels, darin stimmte DB-Aufsichtsrat Schmidt überein mit dem Geschäftsführer des Nahverkehrsanbieters mit dem langen Namen Schienen-Personennahverkehrsverband nördliches Rheinland (SPNV), liege darin, dass die deutsche Regierung nach der Bahnreform von 1994 ihre Verantwortung für die weitere Ausgestaltung der Schieneninfrastruktur an die DB Netz AG delegierte. Seitdem wird überwiegend nach betriebswirtschaftlichen Kriterien und weniger politisch entschieden, was in welchem Umfang erneuert und ausgebaut wird. Was ein Grund dafür ist, dass für aus Luxemburg kommende Bahnbenutzer nach Überqueren der Mosel die Reise noch immer im Zuckeltempo weitergeht. Dass an der Konzer Brücke, der Langsamfahrstelle zwischen Trier und Luxemburg, seit 70 Jahren keine Ausbessserung vorgenommen wurde, wurde ebenso bitter vermerkt wie die Tatsache, dass die Gleisverzweigungen nach dieser Brücke in Richtung Grenzbahnhof Igel nur eine Reisegeschwindigkeit von maximal 40 km/h zulassen. Und obendrein ist die Strecke zwischen Karthaus und Igel nur eingleisig befahrbar.

Eine Sanierung der Konzer Brücke und einen Ausbau der Strecke auf zwei Gleise hatten am Mittwoch vergangener Woche Bürgermeister und Landräte aus der Region Trier, aber auch Vertreter der Trierer Industrie- und Handelskammer bei einem Besuch bei der rheinland-pfälzischen Regierung gefordert. Die wiederum setzt sich nun gemeinsam mit der Luxemburger dafür ein. Beide brachten nach ihrem Treffen im Gaytal-Park am Dienstag erstmals öffentlich das Projekt zur Sprache, zwischen Luxemburg und Frankfurt durchgehende Neigezüge verkehren sehen zu wollen. Denn nach einer gemeinsamen Beschwerde der Regierungen von Rheinland-Pfalz und Luxemburg beim Bundesverkehrsministerium in Berlin sollen die IR-Züge von Saarbrücken bzw. Luxemburg über Trier und Koblenz in Richtung Köln zwar bis Ende 2003 erhalten bleiben. Darüber hinaus jedoch ist noch gar nichts klar.

Mit den Neigezügen soll sich die Fahrzeit von Luxemburg nach Frankfurt von derzeit im Schnitt rund drei Stunden und 50 Minuten auf unter drei Stunden drücken lassen. Es liegt eine Absichtserklärung vor, dass dieses Projekt von Rheinland-Pfalz, dem SPNV und von der DB selbst finanziert werden könnte. Voraussetzung dafür aber ist weiterhin der Streckenausbau zwischen Igel und Trier, und ehe der beginnen kann, muss noch entschieden werden, wer dafür bezahlt: Zwar kann das Land Rheinland-Pfalz nach seinem Landes-Nahverkehrsgesetz auch selbst in die Gleisinfrastruktur investieren, doch nach Lesart des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums in Mainz wäre ein zweites Gleis ab dem Igeler Grenzbahnhof Angelegenheit der Regierung in Berlin, weshalb seine Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan beantragt wurde. Ein Ausbau der Konzer Brücke dagegen könnte prinzipiell auch von Rheinland-Pfalz finanziert werden - ein Glück, dass über sie nicht nur der grenzüberschreitende Verkehr nach Luxemburg rollt, sondern auch der Nahverkehr mosel-aufwärts in Richtung Perl. Wie die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen im rheinland-pfälzischen Landtag, Elke Kilz, am Dienstag auf der Diskussionsrunde vorrechnete, stünden der Mainzer Regierung im Landeshaushalt 2001 für Investitionen in den Schienenverkehr allerdings lediglich fünf Millionen Mark an Landesmitteln zur Verfügung. Viel ist das nicht: ein Kilometer Neubaustrecke kann zwischen einer halben bis zu drei Millionen Mark kosten, und allein die Sanierung der Konzer Brücke wird mit 20 Millionen veranschlagt.

Ein regelrechtes Interesse an einer verbesserten Zugverbindung nach Luxemburg kann auf deutscher Seite tatsächlich nur die Region Trier haben. Für Bahnreisende von dort könnte Luxemburg sogar als Knotenpunkt zur Weiterfahrt Richtung Brüssel oder Paris interessant sein. Theoretisch. Denn abgesehen von den langsamen Zügen winkt von Trier kommenden Fahrgästen in Luxemburg ein Aufenthalt von knapp einer Stunde, ehe es nach Paris oder Brüssel weitergeht. Die Fahrpläne der deutschen Züge besser auf die Abfahrten am Bahnhof Luxemburg abzustimmen, wäre Sache der DB. Darum gebeten wird sie von den regionalen Verkehrsverbünden jenseits der Mosel schon seit Jahren. Günstig ist der Anschluss nur für die, die mit einem Interregio anreisen. Aber die könnten ja demnächst wegfallen.

Für Fernreisende von weiter her ist Luxemburg als Umsteigepunkt unterdessen kaum noch interessant. Die Reise von Koblenz nach Brüssel über Luxemburg etwa dauert in der Regel sechs Stunden, wer über Köln fährt und dort den TGV besteigt, kann fast zwei Stunden sparen. Und ab nächs-tem Jahr sogar noch mehr, wenn die Strecke zwischen Köln und der belgischen Grenze für höhere Geschwindigkeiten ausgebaut sein wird.

Luxemburg selbst hält sich in der Diskussion um eine verbesserte Verbindung nach Deutschland zurück. Nach  dem Treffen im Gaytal-Park mit den Ministerkollegen aus Mainz hieß es zwar, man wolle prüfen, ob Luxemburg sich nicht an der Anschaffung der Neigezüge finanziell beteiligen könne, doch die liegt noch in weiter Ferne. Für den Streckenausbau auf deutscher Seite dagegen "gebe ich keinen Pfennig her", erklärte Transportminister Henri Grethen (DP) dem Land.

Dass in Luxemburg die Schienenwege in Richtung Trier mit 120 Stundenkilometern befahrbar sind, ist die Begründung dafür. Andererseits bringt im täglichen grenzüberschreitenden Verkehr zwischen Luxemburg und Deutschland die Bahn laut einer 1997 erstellten Untersuchung es nur auf einen Anteil von sieben Prozent; in Richtung Belgien und Frankreich ist er drei Mal höher. Für die Attraktivität der Verbindung nach Deutschland spricht das nicht, und noch ist Trier die erstrangige Destination für Reisende aus dem Großherzogtum: vergleichende Zahlen der CFL, allerdings aus dem Jahr 1998, zeigen, dass von 66 661 verkauften Fahrkarten in Richtung Deutschland 42 052 für Trier ausgestellt wurden.

Dennoch wächst die Benutzung der Züge in Richtung Deutschland stetig: im letzten Jahr verzeichneten die CFL gegenüber 1999 einen Anstieg von 6,35 Prozent. Konstant nach oben weisen auch die Verkaufszahlen für die in erster Linie von Berufspendlern nachgefragten Öko-Monatskarten. Sollte die steigende Benutzung selbst der Bummelzüge aus Trier mit dem Wirtschafts- und Arbeitsplatzwachstum in Luxemburg zu tun haben, und sollten in den nächsten Jahren, wie von der hauptstädtischen Gemeindeverwaltung vorhergesagt, insbesondere im Raum Kirchberg-Findel viele neue Jobs entstehen, dann ist eine Verbesserung der Bahnverbindungen in Richtung Osten allerdings auch für Luxemburg von großem Interesse. Dass der Straßenverkehr im Osten der Hauptstadt in den nächsten Jahren unerträgliche Ausmaße annehmen könnte, hat die Verkehrsstudie der Straßenbauverwaltung vom letzten Jahr deutlich gezeigt. Wie auf der Podiumsdiskussion der rheinland-pfälzischen Grünen am Dienstag anklang, soll über die Situation hier zu Lande auch die Deutsche Bahn im Bilde sein. Und behaupten, der Streckenausbau östlich der Mosel sei eigentlich ein Luxemburger Problem.

 

 

Peter Feist
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