40 000 Elektrofahrzeuge bis 2020? Es dürfte eng werden mit der Umsetzung dieses, noch vom ehemaligen Wirtschaftsminister Jeannot Krecké (LSAP) angekündigten Vorhabens. Denn nachdem die Car-e-Prämien ausliefen, gingen die Verkäufe von Elektroautos zurück, wie sich aus den Statistiken des European Alternative Fuel Observatory (Eafo) herauslesen lässt. Nachdem die Neuregistrierungen elektrisch angetriebener Fahrzeuge, Plug-In-Hybride inklusive, 2014 mit 407 Neuzulassungen einen Höhepunkt erreichten, fielen sie 2015 auf 184. Vergangenes Jahr wurden Eafo-Statistiken zufolge 278 neue Elektro- und Plug-In-Hybridfahrzeuge angemeldet.
Der Marktanteil der Elektroautos und Plug-In-Hybride im Vergleich zum Luxemburger PKW-Fuhrpark insgesamt belief sich 2016 laut Efao auf 0,65 Prozent. Von Kreckés Ziel, den Anteil an Elektroautos auf zehn Prozent zu steigern, ist Luxemburg noch weit entfernt, steht aber im europäischen Vergleich gar nicht mal so schlecht da – EU-weit stellt das Eafo einen Marktanteil von 0,98 Prozent Elektrofahrzeugen fest. Norwegen, Exportland fossiler Energien, ist mit einem Elektromarktanteil von fast 30 Prozent in Europa einsamer Spitzenreiter.
Dazu, dass elektrisch angetriebene Fahrzeuge in Luxemburg demnächst populärer werden könnten, dürften mehrere Faktoren beitragen. Erstens bieten die Hersteller mittlerweile eine neue, breitere Palette an Modellen an, mit leistungsfähigeren Batterien, die eine größere Reichweite haben. Zweitens sieht die am 1. Januar in Kraft getretene Steuerreform vor, dass private Halter beim Kauf eines Elektrofahrzeuges bis zu 5 000 Euro absetzen können und wer ein elektrisches Firmenauto fährt, wesentlich günstiger wegkommt, als die Fahrer von klassischen PKW mit Verbrennungsmotor.
Darüber hinaus werden in den kommenden drei Jahren die rund 800 Ladestationen auf P+R, auf Parkplätzen nahe Bahnhöfen und in der Ortsmitte von Dörfern von Nord bis Süd installiert, die schon Krecké versprochen hatte. Chargy heißt das System, das Infrastrukturminister François Bausch (déi Gréng) und Wirtschaftsminister Etienne Schneider (LSAP) vergangenen November offiziell lancierten. Im April sollen 30 bis 50 Ladestationen einsatzbereit sein. Die Verhandlungen mit den Gemeinden darüber, wo sie ihre Ladestationen installiert haben wollen, kämen gut voran, berichtet man aus dem Infrastrukturministerium. Die Aufgabe, das Netz aufzubauen, hat das Ministerium den Netzbetreibern übertragen; Creos, Electris, und den lokalen Betreibern Südstroum und den Gemeinden Diekirch und Ettelbrück.
Das Netz aus Ladestationen, mit dem das Land in den kommenden Monaten überzogen wird, soll hauptsächlich dazu dienen, die Elektromobilität in der öffentlichen Wahrnehmung zu steigern und potenziellen Nutzern die Angst davor zu nehmen, unterwegs von A nach B mit einer leeren Batterie hängen zu bleiben. Reichweitenangst nennen Fachleute dieses Gefühl – anders als ein normaler PKW kann ein Elektroauto nicht binnen weniger Minuten betankt werden, wenn der Fahrer merkt, dass der Treibstoff ausgeht. Dabei geht man im Infrastrukturministerium davon aus, dass 95 Prozent der Ladungen zu Hause in der Garage erfolgen, wo das Auto über Nacht mehrere Stunden ans Netz gehängt werden kann.
Wie schnell ein Auto lädt, hängt von der Leistung der Batterie und der Ladestation ab. Der Konstrukteur der Luxus-Elektroautos Tesla beispielsweise baut weltweit ein eigenes Netz aus sogenannten Superchargers auf, wie einer in Münsbach steht. Ihre Leistung liegt bei 120 Kilowatt und Tesla verspricht auf seiner Webseite, sein Modell S mit einer Batterie von 90 Kilowattstunden damit binnen 30 Minuten mit 270 Kilometern Reichweite „betanken“ zu können. Mit dem Heimladegerät von elf Kilowatt würde die Reichweite in der gleichen Zeit um 27 Kilometer erweitert, an einer öffentlichen Station mit 50 Kilowatt Leistung um 136 Kilometer.
Die halböffentlichen Chargy-Stationen werden nicht so stark sein wie die Tesla-Supercharger, aber, wie, es im Jargon heißt, von beschleunigter Leistung. Dafür gibt es mehrere Erklärungen, wie man im Infrastrukturministerium erklärt. Erstens würde ein System mit dermaßen hoher Ladekapazität die Stromnetzbetreiber vor größere Herausforderungen stellen. Zweitens sind die Supercharger mit einem Kostenpunkt von 250 000 Euro im Vergleich zu den Chargy-Stationen von einem Preis 4 000 Euro das Stück unverhältnismäßig teuer. Zumal man es im Infrastrukturministerium weder für notwendig noch sinnvoll hält, solch leistungsfähige Stationen flächendeckend zu installieren. Eine Stunde an einer Ladestation von 22 Kilowatt reiche aus, um die ein Elektroauto mit einer Batterie von 22 Kilowattstunden zu 80 Prozent zu laden. Die meisten Autos im Luxemburger Fuhrpark würden keine 60 Kilometer täglich zurücklegen. Da ist das mit der Reichweitenangst ohnehin relativ zu sehen.
Wer die Chargy-Stationen künftig nutzen will, kann das mit der gleichen Mobilitätskarte, auf der Bus- und Bahntickets sowie Leihfahrräder gespeichert werden – mit der Platzierung an P+R und an Bahnhöfen will das Ministerium die Verbraucher dazu anhalten, verstärkt auf den öffentlichen Transport umzusteigen. Wo die Stationen sind, wird eine App mit offener Schnittstelle anzeigen, die anderen Anbietern Zugang erlaubt, und dafür sorgen soll, dass das Navigationssystem die Elektrotankstellen anzeigt. Das System, das darauf ausgelegt ist, soweit technisch möglich auch bestehende private Ladesäulen zu integrieren, damit ein einheitlicher Standard entsteht, wecke auch im europäischen Ausland Interesse, wo man derzeit über die Einrichtung von leistungsfähigen E-Tankstellen entlang des Autobahnnetzes diskutiere. Damit Luxemburger Elektroautofahrer in Zukunft ihre Chargy-Karte auch zum Laden bei Auslandsreisen einsetzen können, werde über Roaming-Verträge verhandelt, ähnlich derer, wie sie im Mobilfunkgeschäft bestehen.