In seinem letzten Pressebriefing vor der politischen Sommerpause sagte CSV-Premier Luc Frieden am Mittwoch vergangener Woche ein paar seltsame Dinge. Zum Beispiel, dass die Regierung „die Steuerbelastung der Leute substanziell reduziert“ habe, „indem wir die Steuertabelle um sechseinhalb Indextranchen angepasst haben“. In Wirklichkeit gab es zum 1. Januar eine Anpassung um vier Indextranchen. Zweieinhalb hatte bereits die vorige Regierung beschlossen, nur wurde das erst Anfang des Jahres wirksam. Die CSV-DP-Regierung legte anderthalb Tranchen drauf.
Eine andere Seltsamkeit war Luc Friedens Fazit, in dem Dreivierteljahr seit Amtsantritt der neuen Regierung habe es „größere Änderungen in der Klimapolitik“ gegeben. Hin zu einer Politik, die „die Leute mitnimmt“. Denn aus dem nationalen Energie- und Klimaplan (Pnec) „haben wir rausgenommen, was zu weit ging, und das Verbot bei fossilen Heizungen abgeschafft“. In Wirklichkeit stand im Pnec-Entwurf der vorigen Regierung, mit der grünen Umweltministerin und dem grünen Energieminister, kein Verbot. Sondern eine Klausel für den Fall, dass trotz aller Beihilfen und staatlich bezuschussten Beratungen der Ersatz fossiler Heizungen nicht schnell genug gehen würde. Dann hätte der Ersatz durch eine Lösung, die „zu mindestens 70 Prozent auf erneuerbaren Energien beruht“, obligatorisch werden können (nicht müssen).
70 Prozent klingt kompliziert. Gemeint damit waren Hybridlösungen: Kann sein, eine Wärmepumpe alleine reicht nicht zum Heizen im Winter. Weshalb ein Mischbetrieb mit einer fossilen Heizung möglich sein sollte. Er wurde schon unter der vorigen Regierung bezuschusst und wird es unter der neuen auch. Sie ist ja nicht blöd, irgendwie weiterkommen mit den Heizungen will auch sie. Die Ironie der Pnec-Geschichte wollte es sogar, dass in der Endversion vor zwei Wochen die Passage mit den 70 Prozent gestrichen war, aber nicht, dass der Ersatz „obligatorisch“ werden könnte. Ein paar Tage lang war Schwarz-Blau die schlimmere Verbots-Regierung als Blau-Rot-Grün: Sie hätte die Leute im Winter frieren lassen mit Wärmepumpen, die es alleine nicht packen. Bis sie den Fehler bemerkte, weil unter anderem das Land darüber berichtete (Ausgabe vom 19.7.2024). Jetzt steht im Pnec kurz und bündig, der Heizungsersatz sei fakultativ.
Was ja vielleicht auch reicht, mit Beihilfen als Anreiz. Denn bei näherem Hinschauen zeigt sich, dass die Klimapolitik der CSV-DP-Regierung auf weniger Wachstum wettet. Dem „Verbot“ von vor einem Jahr lagen Schätzungen des Statec zugrunde, denen zufolge das BIP im Jahresschnitt bis 2050 um 2,75 Prozent wüchse. Die Einwohnerzahl stiege bis dann auf 920 000. Vor vier Wochen schätzte das Statec erneut: Bestenfalls 1,7 Prozent BIP-Zuwachs im Jahr sei langfristig zu erwarten. Die Bevölkerung werde ebenfalls langsamer zunehmen, mit mehr als 900 000 Einwohner/innen sei erst 2060 zu rechnen oder noch später. Und würde bis 2030, so das Statec in den neuen Projektionen, nur jede zweite fossile Heizung ersetzt, sei Luxemburgs Klimaziel dennoch nicht in Gefahr. Am wichtigsten sei, dass die Verkäufe von Diesel und Benzin weiter sinken.
An dieser Stelle zeigen sich dann doch „größere Änderungen“ in der Klimapolitik: Bleibt der Heizungsersatz fakultativ und würde bis 2030 nur jede zweite fossil betriebene Heizung ersetzt, hieße das, dass neu installierte Anlagen bis dahin auch einen Gas- oder Ölbrenner haben können. Mit einer Lebensdauer von 20 bis 25 Jahren würden sie verhindern, dass Luxemburg 2050 „klimaneutral“ wird, wie es eigentlich das politische Ziel auch von CSV und DP ist. Und das der EU, auch bei den neuen Kräfteverhältnissen nach den Wahlen vom 9. Juni. Offenbar aber ist das der Regierung von Luc Frieden egal. 2028 sind wieder Kammerwahlen. Da ist schon bis 2030 zu denken, eine politische Leistung. Sie lässt sich zusätzlich aufblasen, wenn von „Verboten“ geredet wird, als sei noch Wahlkampf. Oder von einer um sechseinhalb Indextranchen angepassten Steuertabelle.