Parkhäuser sind ein rentables Geschäftsfeld für Firmen und Kommunen. Meistens. Mit allerlei Werbeaktionen versucht man in Esch, den leeren Parkplatz Brill zu füllen

Parkplatzproblem

d'Lëtzebuerger Land du 01.06.2012

Wieso die Kliniken bei der Abschaffung der Mini-Cash-Karte nicht nach anderen elektronischen Zahlungsmöglichkeiten gesucht hätten, wollte der ADR-Abgeordnete Jean Colombera kürzlich in einer parlamentarischen Frage vom Gesundheitsminister wissen. Seine Frage bezog sich nicht auf die Zahlung von medizinischen Leistungen. Er hatte die Parkhäuser der Kliniken im Visier. Insbesondere, wie die Gebühren bestimmt werden. Ganz eindeutig war die Antwort des Ministers nicht. Die Spitäler, gab dieser zurück, müssten den Bau der Parkhäuser selbst finanzieren, entsprechend entschieden sie auch über die Tarife. Sie oder die Firma, welches das Parkhaus für sie bestreibt. Deswegen sind die Gebühren in den Klinikparkhäusern mitunter besonders hoch. 

Ähnlich verhält es sich beispielsweise am hauptstädtischen Bahnhof oder am Flughafen Findel. Der Parkplatz am Bahnhof gehört der CFL, die ihn selbst betreibt und die Tarife bestimmt. Sie sind denen der Hauptstadt angepasst, und die CFL gewährt ihren Kunden, die ins Ausland reisen, Rabatte. Die Parkgebühren am Findel hatten für ziemlich viel Aufregung gesorgt, bevor Lux-Aiport und die von ihr beauftragte Betreibergesellschaft den Kunden eine halbe Stunde gebührenfreies Parken zum Absetzen oder Abholen von Fluggästen gewährten.

Aber auch in öffentlichen Parkhäusern kann die Tarifpolitik mitunter zur Polemik führen, wie sich kürzlich in Esch zeigte. An den Tarifen allein liegt das natürlich nicht. Die beiden unterirdischen Parkhäuser in Esch, am Rathausplatz und an der Place de la Résistance, wurden im Rahmen von öffentlich-privaten-Partnerschaften (PPP) gebaut, die, wie die politische Opposition in Esch beklagt, sehr zu Gunsten der privaten Vertragspartner gehen. Dabei stellt die Gemeinde das Grundstück. Der Parkhausbetreiber plant, baut und betreibt die Parkhäuser danach für 30 Jahre. Danach gehen sie in den Gemeindebesitz über. 

Gemeinsam haben Gemeinde und Parking-Betreibergesellschaft einen optimalen Ertrag berechnet, erklärt Luc Schloesser, bei der Gemeinde Esch für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Wird dieser nicht erreicht, weil ein Parkhaus nicht optimal ausgelastet ist, muss die Stadt Esch den Fehlbetrag erstatten. Beträchtliche Summen: Allein für das Parkhaus an der Place de la Résistance waren es 2011 867 000 Euro. Der Fehlbetrag für das Parkhaus am Rathausplatz belief sich in den vergangenen drei Jahren auf 793 000 Euro. Im Vergleich zu den Baukosten – rund 15 Millionen Euro für das Parkhaus an der Place de la Résistance – sind die 1,6 Millionen Euro, welche die Gemeinde bisher erstattet hat, natürlich vergleichsweise gering. Dennoch ist die Frage nicht ganz ungerechtfertigt, wie partnerschaftlich die öffentlich-private Partnerschaft ist, wenn die Stadt im Endeffekt das Risiko trägt und der Privatgesellschaft eine Einkommensgarantie gibt.

Im Fall des Parkhauses an der Place de la Résistance ist die Privatgesellschaft letzten Endes die, die vor über 30 Jahren das Parkhaus Knuedler baute. Die Société du Parking Guillaume, an deren Verwaltungsratsspitze der ehemalige Vorsitzende des hauptstädtischen Geschäftsverbandes, Josy Welter, steht. Der Parkhaus-Pionier, der mit einigen Mitstreitern als Reaktion auf die ersten Einkaufszentren in der Peripherie Ende der 1960-er anfing, sich für den Bau eines Parkhauses in der Innenstadt einzusetzen. Die Société de Parking Guillaume ist eine von zwei Gesellschaften, die den luxemburgischen Parking-Markt dominieren – Hauptkonkurrent und Marktführer ist die Luxemburger Filiale des französischen Weltkonzerns Vinci, Vinci Park. Elf Parkplätze, davon zehn öffentliche, betreibt die Société du Parking Guillaume mit ihren Filialen. Selbst gebaut hat sie davon sechs: die Parkhäuser am Knuedler, am Rousegärtchen, am Theaterplatz, in der Avenue Monterey sowie die beiden Parkhäuser in Esch. Fünf davon gehören ihr noch – das Parkhaus Knuedler ging vor drei Jahren in den Besitz der Stadt Luxemburg über. Dieses und kommendes Jahr werden die Parkhäuser am Rouse-gärtchen und dem Theaterplatz ebenfalls zu Gemeindeeigentum, wie es aus der Stadtverwaltung heißt.

Die Stadt Luxemburg ihrerseits verdient gut an den Parkhäusern auf dem Stadtgebiet, hat sich, wie Josy Welter sagt, über die Jahre „Millionen in die Tasche gesteckt“ und wird, je mehr Parkhäuser ihr selbst gehören, besser verdienen, weil sie die Gebühreneinnahmen nicht mehr mit Dritten teilen muss. Dabei ist das Parken auch für die Société du Parking Guillaume kein schlechtes Geschäft. Im Jahr 2010 verbuchte sie einen Gewinn von 354 000 Euro, die fortgeschriebenen Gewinne aus den Vorjahren beliefen sich auf 4,5 Millionen Euro. 

Ins Budget der Stadtverwaltung Luxemburg flossen hingegen allein im vergangenen Jahr  3,7 Millionen Euro an Konzessionsgebühren für zehn Parkhäuser. Die Stadt Luxemburg hat mit ihren Konzessionsnehmern verschiedene Einnahmenschwellen vereinbart. Wird die untere Schwelle überschritten, verdient sie mit an den Parkhausgebühren, wird die obere Schwelle überschritten, steigt ihr Anteil an den Einnahmen. Insgesamt nimmt die Stadt, Einnahmen aus den Parkuhren und Knöllchen inklusive, jährlich fast 13 Millionen Euro ein. Ein Großteil der besagten Parkuhren wird als Dienstleistung vom Unternehmen Vinci Park betrieben. Insgesamt 1 700 Parkuhren betreibt Vinci in der Hauptstadt, in Esch, Differdingen, Düdelingen, Hesperingen, Strassen, Wiltz, Diekirch und Clerf, wie Geschäftsführer Gérard Jeitz aufzählt. Die meisten davon mussten ebenfalls im Zuge der Mini-Cash- und Maestro-V-Pay-Bankkarten-Umstellung umgerüstet werden. Allein drei der 78 Firmenmitarbeiter sind dafür zuständig, das Münzgeld aus den Parkuhren zu zählen. Bald sind es 15 Parkhäuser und -plätze, die in Luxemburg unter dem Vinci-Park-Logo funktionieren. Die Gesellschaft hat – trotz der Zugehörigkeit zum internationalen Baukonzern – die wenigsten davon selbst gebaut, betreibt sie auf Basis von fünf- bis sechsjährigen, erneuerbaren Konzessionsverträgen, wird dafür als Dienstleister bezahlt, erklärt Jeitz. Fünf Mitarbeiter braucht man für den Wärter-Schichtbetrieb in einem rund um die Uhr geöffneten Parkhaus, hinzu kommen die Mitarbeiter, die die Wartung übernehmen. 

Ein Parkhaus soll nach Firmenphilosophie ein öffentlicher Ort sein, an dem es hell und freundlich ist, so Jeitz. Kein unheimlicher Ort zum Fürchten. Diese Philosophie versucht die Firma in den von ihr betriebenen Parkhäusern umzusetzen. Je nach Baujahr – Beispiel Aldringen – , räumt Jeitz ein, ist trotz allen guten Willens nicht viel auszurichten, „das liegt auch an der Bauweise“, die sich in den vergangenen Jahren grundlegend geändert hat. Zum Beispiel in puncto Parkplatzbreite, deren Norm von 2,20 Meter auf 2,50 Meter erweitert wurde. Eine Entwicklung, der man in alten Parkhäusern wegen der vielen Stützsäulen kaum Rechnung tragen kann, weshalb bei Neubauten möglichst auf Säulen verzichtet wird. Letztlich, sagt er, sei der Betreiber nur der Gehilfe der Stadtverwaltungen bei der Umsetzung ihrer Mobilitätspolitik. 

In den öffentlichen Parkhäusern der Hauptstadt legt die Stadt den Tarif fest, per Gemeinderatsbeschluss, heißt es vom Knuedler, kostet die erste Stunde so viel wie ein Kurzzeitticket im öffentlichen Transport: 1,50 Euro. Ob der Tarif nach der ersten Stunde steigt oder sinkt ist unterschiedlich. Im Zentrum, wo man eine hohe Rotation erreichen will, steigt er progressiv, damit die Parkende nicht zu lange bleiben. In der Peripherie oder auf den den so genannten Park[&]Ride-Anlagen, sind die Gebühren entweder von vorherein billiger oder sinken kontinuierlich, weil man die Autofahrer durch die attraktiven Preise davon abhalten will, ins Zentrum zu fahren. Dass der Parkhausbetrieb ein einträgliches Geschäft ist, obwohl die Gemeinden die Preise diktieren, zeigen auch die Ergebnisse von Vinci Park: 819 00 Euro Gewinn wies die Firma 2008 aus, 

Die Gemeinde Esch hat in der Zwischenzeit reagiert und die Parktarife vergangenen Monat angepasst. Die Stunde kostet nun 1,30 Euro in den Parkhäusern wie auch am Straßenrand. Neu ist am Parkplatz unter der Place de la Résistance, dass die Gebühren nach der ersten Stunde im Viertelstundentakt abgerechnet werden. Nicht von ungefähr: Wer vor der Neuerung die vollen Parkstunden um ein paar Minuten überschritt, konnte sich als Parkender an der Kasse gerne mal erschrecken.

Zwar gefallen die neuen Parkgebühren auch nicht jedem – auch weil die Gemeinde das gebührenfreie Parken in der Mittagspause abgeschafft hat. Doch sie hat den Parkhausbetreiber zu einer Charmeoffensive angeregt, um das Parkhaus zu bewerben und den Fehlbetrag zu senken, den sie entrichten muss. Denn das Parkhaus Résistance ist ein Beispiel dafür, dass sogar im autoverrückten Luxemburg ein Parkhaus nicht unbedingt ein finanzieller Selbstläufer ist. „Im Schnitt braucht es vier bis fünf Jahre, bis ein neues Parkhaus rentabel wird“, meint Spezialist Jeitz. Der Erfolg hänge auch von den guten Zufahrtsmöglichkeiten ab. Und vom Namen. Deswegen war die erste Maßnahme in Esch, den Parkplatz in „Brill“ umzubenennen, weil den wenigsten Leuten bewusst ist, dass der ihnen geläufige Brill-Platz eigentlich Place de la Résistance heißt und suchten folglich dort nicht nach Parkmöglichkeiten. Nun gibt es auch ein Parkleitsystem, das Autofahrer bis zum Brill-Platz führt.

Seit April gibt es außerdem verschiedene Angebote. Zum Beispiel einen „Ausgeh-Tarif“, für Theater- und Restaurantbesucher für 2,50 Euro. Oder den Nachttarif für drei Euro. Oder die Möglichkeit für Geschäftsleute, Parktickets für die Hälfte des üblichen Tarifs zu kaufen und sie an ihre Kunden weiterzugeben. Langzeitabonnements sind ebenfalls im Angebot. So hoffen Gemeinde und Betreibergesellschaft das leere Parkhaus endlich zu füllen, das seit über anderthalb Jahren geöffnet hat. Ob eine Stadt wie Esch überhaupt ein zweites unterirdisches Parkhaus benötigt? Dass in Esch Parkplatzmangel herrscht, würden alle unterschreiben, die in Esch wohnen oder arbeiten. „Wenn wir den Vorgaben unseres Mutterhauses folgen würden – in einem Ballungsraum von unter 100 000 Einwohner kein Parkhaus – hätten wir nie in Luxemburg angefangen“, sagt Gérard Jeitz von Vinci Park. Und so werden – die Luxemburger, die das Auto gerne auch für kurze bis sehr kurze Strecken nutzen, sicher auch das Parkhaus Brill aufsuchen – wenn sie erst einmal wissen, wo es ist. 

Michèle Sinner
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