Interview mit Marc Hoffmann, Präsident der Compagnie de Banque Privée

Anders als geplant

d'Lëtzebuerger Land du 17.06.2010

D’Lëtzebuerger Land: Die Compagnie de Banque Privée hat 2009 erstmals einen Gewinn erwirtschaftet. Damit liegen Sie im eigenen Zeitplan, der vorsah, innerhalb von zwei bis drei Jahren ein profitables Unternehmen zu werden. Allerdings stehen unter dem Strich recht bescheidene 1,5 Millionen Euro. Sind Sie damit dennoch zufrieden?

Marc Hoffmann: Es ist in der Tat das erste Jahr, das wir mit einem positiven Ergebnis abschließen. Wir haben damit einen Vorsprung auf unseren Business-Plan, der vorsieht, dass wir nach drei Jahren die Gewinnzone erreichen. Man darf nicht vergessen, unter welchen Umständen die Bank im Mai 2007 den Betrieb aufgenommen hat. Wir konnten eigentlich nur vier Monate lang unter normalen Marktbedingungen arbeiten, danach, im Sommer 2007, machte sich die Krise bereits bemerkbar. Deswegen ist vieles anders gekommen als geplant, und wir sind froh, dass wir unseren Weg in einem Umfeld gefunden haben, das rein gar nichts mit dem zu tun hatte, von dem wir beim Aufstellen des Business-Plans ausgingen.

Sie haben im vergangenen Jahr mehr Zinsen eingenommen (15,4 Millionen Euro) als Kommissionen (12,8 Millionen Euro) einkassiert, wobei das Einkommensverhältnis bei Luxemburger Banken normalerweise umgekehrt ist. Woran liegt das?

Anfang 2009 war die Entwicklung an den Börsen noch sehr negativ, deswegen gab es wenig Kommissionen zu kassieren. Die Zinsen hingegen sanken und die Kreditmargen schnellten in die Höhe. Wir haben uns ein kleines, exzellentes Kreditportfolio angelegt, zu noch nie dagewesenen Zinsmargen. Unsere hohe Liquidität hat uns so ermöglicht, die Krise zu nutzen. In der zweiten Jahreshälfte hat sich die Situation an den Märkten geändert und die Kommissionen sind wieder gestiegen. Da sind wir nicht atypisch, es dürfte bei den meisten Banken so gewesen sein.

Sie haben anfangs damit geworben, Kommission nur dann einzustreichen, wenn das Geschäft für den Kunden profitabel verläuft. Wie hat sich das auf die Entwicklung der Kommissionseinnahmen ausgewirkt?

Bisher noch gar nicht. Ein Teil unserer Einnahmen basiert auf Leistungskommissionen, die aber jedes Jahr zum Jahrestag der Mandatsvergabe fällig werden. Das heißt, auf den Investitionsmandaten, die uns die Kunden 2009 erteilt haben, werden erst 2010 die ersten Leistungskommissionen fällig.

Eines der Markenzeichen, mit der sich die Bank von der Konkurrenz distanzieren wollte, war der starke Fokus, der auf alternative Anlageprodukte und -techniken gerichtet werden sollte. Das haben Sie beim Start der Bank besonders in die Vitrine gestellt. Wie sieht es nach der Krise aus? Sind alternative Anlageprodukte immer noch Teil der erklärten Strategie?

Die alternativen Produkte waren einer der Vektoren, auf denen wir unseren Erfolg aufbauen wollten, doch diese Branche ist nach der Krise nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die Risikobereitschaft der Kunden schwindet in Krisenzeiten. Sie halten lieber Bargeld. Diese Entwicklung hat für uns natürlich große Veränderungen nach sich gezogen und damit fällt dieser Teil der Strategie weg.

Wie handhaben Sie die Situation jetzt?

Wie jede andere Bank auch. Langsam trauen sich die Kunden wieder zurück in Anlagen wie in Aktien und Anleihen und manche auch in alternative Produkte, aber das ist kein allgemeiner Trend.

War denn dieser Aspekt, also der, dass Sie ihren Fokus besonders auf diese Anlagekategorie legen wollten, nicht einer der Beweggründe für die BCEE, ins Kapital Ihrer Privatbank einzusteigen? Dass dort Kunden mit Produkten versorgt werden sollten und ihnen eine Knowhow angeboten werden sollte, das aus dem Handlungsbereich der öffentlichen Bank herausfällt und deren Auftrag sprengt?

Das müssen Sie die BCEE fragen. Aber sicherlich hat es eine Reihe von Ursachen gegeben, welche die BCEE dazu bewogen haben, Teilhaber zu werden. Ich kann mir allerdings auch vorstellen, dass sich die Beweggründe für die Teilhaberschaft mit der Zeit verändern.

Sie haben dieses Jahr erstmals seit Bestehen der Bank Liquiditäten bei der Zentralbank angezapft – 80 Millionen Euro. Weshalb und wozu haben Sie das Geld gebraucht?

Die Kundengelder sind unsere einzige Finanzierungsquelle, und wir sahen hier die Möglichkeit, eine zusätzliche Finanzierungsquelle aufzutun. Es gibt nur wenige Banken, die in dieser Zeit nicht von den günstigen Vergabe­bedingungen für Zentralbankgelder profitiert haben. Uns ging es außerdem auch darum, als Bank eine Beziehung zur Zentralbank aufzubauen.

Sie leihen doch nicht einfach 80 Millionen Euro aus, um eine Beziehung zur Zentralbank herzustellen.

Wir konnten das Geld ja auf gewinnbringende Art weiterverwenden. Das ist ein legitimer Grund, und es gibt wie gesagt fast keine Bank, die sich die Gelegenheit hat entgehen lassen.

Die Compagnie de Banque Privée beschäftigt mittlerweile 80 Mitarbeiter. Ist das in etwa die Größenordnung, bei der Sie bleiben wollen, oder wollen Sie personell weiter ausbauen?

Wir wollen weiter wachsen, aber nicht mehr so schnell wie bislang. Wir haben kein spezifisches Ziel, was die Zahl der Mitarbeiter betrifft.

Im vergangenen Jahr haben Sie einen Nettoeinlagenzufluss von 224 Millionen Euro verbucht und verwalten laut Bilanz rund 1,4 Milliarden Euro an Kundengeldern. Wie bewerten Sie selbst diese Entwicklung? Sind Sie zufrieden?

Wir haben einen kontinuierlichen Mittelzufluss verbucht. Auch während der Krise, was beleibe nicht jede Bank von sich behaupten kann. Mittlerweile verwalten wir 1,7 Milliarden Euro an Kundengeldern. Das ist ein robustes Wachstum. Dennoch darf man sich nichts vormachen – wir sind immer noch ein kleine Bank. Wir steuern langsam, aber sicher auf ein Kundenvermögen von zwei Milliarden Euro zu. Ab dann kann man von einer gut etablierten Bank sprechen.

Ihre Kunden stammen hauptsächlich aus Luxemburg und den Nachbarländern.

Ja. Unsere Kundschaft ist typisch für eine Luxemburger Bank. Wir haben wenig Kunden, die nicht aus Europa stammen.

Hatten Sie sich nicht vorgenommen, eine Kundenbasis aus dem Nahen und Mittleren Osten aufzubauen?

Wir haben das nie ausgeschlossen. Dass wir bislang noch nicht dazu gekommen sind, war keine strategische Entscheidung. Es ist für Luxemburger Banken generell schwierig, dort systematisch auf Kundenfang zu gehen.

Warum? Die Regierung und die Promotionsagenturen haben den Nahen Osten doch zu „pays cibles“ der Wirtschaftspromotion gemacht.

Die Konkurrenz ist dort unheimlich groß, und die Schweiz ist und bleibt im Vergleich zu Luxemburg immer noch der attraktivere Standort für eine internationale Kundschaft. Singapur verzeichnet auch großen Kundenzulauf, nicht nur aus Asien, sondern auch aus Westeuropa. Ein zwei­tes Problem ist das Bild Luxemburgs, das in den Köpfen der Kunden und Investoren außerhalb Europas vorherrscht. Wir haben als Finanzplatz hauptsächlich für die Fondsindustrie geworben und weniger für die Privatbankaktivitäten. Die Ursachen kann man sich vorstellen: Mit dem Beruf des Privatbankiers sind immer Fragen über das Bankgeheimnis verbunden. Da wollte man immer diskret sein. Deswegen ist Luxemburg für Privatbanking außerhalb Europas keine Marke mit hohem Erkennungswert.

Inwieweit schadet denn die drohende Aufhebung des Bankgeheimnisses Ihrer Bank?

Wir sind davon sicher getroffen. Aber weitaus weniger als andere Banken, die eine angestammte Kundschaft haben. Die Neukunden, die zu uns kommen, sind in der Bankgeheimnisfrage weitaus weniger empfindlich, als diejenigen, die bei anderen Banken schon seit Jahren Konten unterhalten.

Also wird Ihre Bank besser damit zurecht kommen, wenn das Bankgeheimnis weiter begrenzt oder abgeschafft wird, als der Finanzstandort Luxemburg insgesamt?

Die Entwicklung ist ja nicht nur negativ, sondern auch sehr interessant. Nehmen Sie das Beispiel KBL, die von der indischen Hinduja-Gruppe gekauft wurde. Allein die Tatsache, dass indische Investoren eine Luxemburger Bank kaufen, finde ich positiv, weil es ein Anzeichen dafür ist, dass, der Standort nicht mehr nur in den Benelux-Ländern als attraktiv gilt. Es ist in gewissem Maße eine Anerkennung seitens der aufstrebenden Wirtschafts­mächten aus den Schwellenländern. Dennoch: Jede einzelne Bank wird sich die Frage stellen müssen, wie sie mit dem Problem umgehen wird, denn ich glaube nicht, dass es noch einen Bankier in Luxemburg gibt, der an den unveränderten Fortbestand der Bankgeheimnisbestimmungen glaubt. Nichts zu tun, nicht zu reagieren, ist deswegen keine Option.

Die Bank hat jetzt drei Geschäftsjahre auf dem Zähler und die waren, wie Sie selbst sagen, alles, außer so, wie Sie es sich vorgestellt hatten. Wie sieht die Zukunft aus?

Ein großer Teil unserer Kunden gehört zur Kategorie der Ultra high net individuals (UHNWI). Das, muss man zugeben, hat sich eher als Folge der Krise ergeben, als dass wir aktiv danach gestrebt hätten, das war kein Teil unserer Strategie. Das wird sich aber nun ändern. Wir werden uns auf dieses Kundensegment einstellen und unsere Aktivitäten darauf ausrichten. Um diese Kunden betreuen zu können, werden wir an anderen Standorten präsent sein müssen. Dazu gehört sicherlich die Schweiz. Ob das in Form von Filialen oder strategischen Partnerschaften passiert, kann man jetzt noch nicht sagen. Asien werden wir auch nicht länger ignorieren können.

Wo in Asien? Singapur?

Singapur oder Hongkong.

Über welchen Zeithorizont wollen Sie diese Auslandspräsenzen aufbauen?

Solche Entscheidungen sind oft von viel Opportunismus gekennzeichnet. Ich hoffe allerdings, dass innerhalb der nächsten zwölf Monate Bewegung in dieses Dossier kommt. Also relativ schnell. Das schließt nicht aus, dass wir Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten in den so genannten On-Shore-Ländern sehen und ergreifen. Aber wir müssen Prioritäten setzen und irgendwo beginnen. Das sind die großen Leitlinien, die der Aufsichtsrat festgelegt hat, jetzt müssen wir uns an die Umsetzung machen.

Michèle Sinner
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