Wie heiß und trocken der Sommer bisher war, zeigt das European Drought Observatory auf seiner Webseite: Fast zwei Drittel der EU sind von Trockenheit bedroht. Auf 47 Prozent ihres Territoriums wurden Warnungen ausgerufen, auf 17 Prozent „roter Alarm“ wegen Wassermangel. Da das dem Stand vom 21. Juli entspricht, könnte die Lage sich seither verschlimmert haben. Etwa in Frankreich, wo vorige Woche Beschränkungen für die Wassernutzung erlassen wurden. In über 100 Gemeinden steht kein Trinkwasser mehr zur Verfügung, die Versorgung erfolgt per Tanklaster.
Wasser zu sparen, scheint deshalb dringend nötig. Auch in Luxemburg – wenn nicht kurzfristig, die phase de vigilance wurde am 4. August aufgehoben, dann strategisch. Doch das ist nicht so einfach. Wollte man es konsequent tun, müssten Trinkwasserversorgung und Abwasserbehandlung reorganisiert werden. Noch sind sie kommunale Missionen. Entweder erledigen die Gemeinden das selber, oder ein Zweckverband (Syndikat), in dem sie Mitglied sind. Das Beste wäre, es entweder dem Staat zu übertragen oder jeweils einem einzigen Trinkwasser- und Abwassersyndikat.
Denn zum Beispiel ist unbekannt, wieviel Wasser durch Lecks in Leitungen und Behältern verlorengeht. In letzter Zeit führte das Wasserwirtschaftsamt im Umweltministerium nur einmal – 2017 – eine Erhebung durch. Sie ergab, dass in rund der Hälfte der Gemeinden die Verluste unter zehn Prozent lagen, was gut ist. In 35 Gemeinden gingen zehn bis zwanzig Prozent verloren, was Anlass zu gewisser Sorge bot. In 23 Gemeinden waren die Verluste höher. Warum, ließ sich nicht sagen, es war nicht dokumentiert worden. Kann sein, die Trinkwasserleitungen wurden intensiv gespült oder lokale Feuerwehren hatten viel Wasser entnommen; beides konnte nicht als normaler Verbrauch gelten. Oder die Infrastruktur war marode, weil lange nicht in sie investiert wurde, und leckte.
Solche Unklarheiten sind natürlich unerfreulich. Das Wasserwirtschaftsamt geht davon aus, dass die Verluste gesunken sind, kann es jedoch nicht belegen. Ändern soll sich das erst 2025, wenn eine Änderung am Wassergesetz die erste jährliche Leckverluste-Berichterstattung vorschreiben würde. Sie soll Teil eines „Risikomanagements“ der Wasserversorger sein; was Verschmutzungen angeht, aber auch Versorgungsrisiken. Die Idee dazu stammt allerdings nicht aus Luxemburg, sondern steht in einer EU-Richtlinie, die umgesetzt werden muss. Der dazu im April von der Regierung in der Abgeordnetenkammer deponierte Gesetzentwurf orakelt, das Risikomanagement könne kleine Gemeinden überfordern. Weshalb ihnen nahegelegt werden soll, sich mit einer oder zwei anderen regional zusammenzutun, falls sie sich keinem Syndikat anschließen wollen. In Anbetracht von Hitzewellen und längerfristig drohenden Trinkwassernöten möchte man die Hände überm Kopf zusammenschlagen.
Ein weiterer Grund, die Wasser-Zuständigkeiten zu reorganisieren, wäre dieser: Die Änderung am Wassergesetz will auch dafür sorgen, dass Endverbraucher/innen über ihre Wasserentnahme regelmäßig informiert werden. Keine schlechte Idee, doch längst nicht alle haben einen eigenen Zähler. Einfamilienhausbesitzer haben einen, doch dass in Apartmentgebäuden jede Wohnung einen hat, ist in manchen Gemeinden der Fall, in anderen nicht. In manchen wurden bestehende Apartments mit individuellen Zählern nachgerüstet. In wieder anderen wird selbst in Neubauten nur ein Zähler für alle eingebaut und später teilt die Coproprietéit die Gesamtkosten auf.
Das ist auf keinen Fall das System der Zukunft, falls über den Preis zum Sparen angeregt werden soll. Es verhindert auch so etwas wie eine „soziale“ Wasserpreisstaffelung. Doch eine Reorganisation der Wasser-Zuständigkeiten wäre ein großes Vorhaben. Eine zentralstaatliche Wasserwirtschaft könnte eine Riesenverwaltung erfordern; das größte Abwassersyndikat Siden allein hat mehr Mitarbeiter als das Wasserwirtschaftsamt. Einheitssyndikate für Trink- und Abwasser wiederum wären ernüchternd für die lokale Politik: Schöffenratsmitglieder nehmen gern in Syndikatsvorständen Platz und Jetongen entgegen. Parteileitungen entsenden treue Parteisoldaten in die Vorstände. Um mit dieser Tradition zu brechen, dürften ein paar noch heißere Sommer als der von 2022 nötig sein.