Rodenbour, John: Museksgesellschaften an eisem Land

Ein vielschichtiges Musikleben

d'Lëtzebuerger Land du 14.05.2009

Dass es in Luxemburg ein vielschichtiges Musikleben gibt, liegt bei Leibe nicht allein an der Tatsache, dass wir eine Philharmonie besitzen, die sich in knapp vier Jahren einen Platz im vorderen Rang der internationalen Konzerthäuser erkämpft hat. Auch nicht daran, dass das Echternacher Festival Arcadi Volodos, Christian Zacharias und Kenny Wheeler empfängt, Frank Feitler eine intensive Zusammenarbeit zwischen dem Großen Theater auf Limpertsberg mit Institutionen wie dem Brüsseler Théâtre de la Monnaie oder dem Festival von Aix-en-Provence aufgebaut hat, oder das Philharmonische Orchester immer öfter auf gleicher Augenhöhe mit international hoch gehandelten Klangkörpern spielt.

Das Musikleben unseres Landes wurde im Laufe der vergangenen Jahrhunderte durch das Engagement tausender Luxemburger als aktive Mitglieder von Musikensembles geprägt, deren Ursprünge teilweise bis auf das Ancien Régime zurückgehen. Wie viele Ensembles tatsächlich in Luxemburg tätig sind, weiß man nicht genau. Viele der kleineren Gesellschaften, der Strëppen, wie sie im Volksmund genannt werden, auch manche der Schulensembles und Volksgruppen, der Formationen im Bereich Big Band, Jazz, Blues und Rock sind nicht offiziell eingetragen. In seinem Buch Museksgesellschaften aus eisem Land stellt John Rodenbour nun sage und schreibe 159 luxemburgische Musikensembles vor. Die Gesellschaften reichen vom OPL, der Militärmusek und dem Kammerorchester Les Musiciens über Schulorchester bis zu den lokalen Dorfvereinen und spezialisierten Gruppen wie der Société municipale des accordéonistes de Luxembourg oder dem Cercle des mandolinistes Differdange.

Geschichtlich und kulturell sind die-se Gesellschaften von unschätzbarer Bedeutung. Die Wurzeln der Wëlzer Musek etwa gehen auf das Jahr 1794 zurück, als sich talentierte Bürger der Ardennenstadt um den preußischen Kapellmeister Adam Kiseloppsky versammelten, um Musik zu machen. 1852 nahm die in den Wirren der Französischen Revolution gegründete Philharmonische Gesellschaft der Stadt Wiltz unter der Leitung von Serge Parisi gemeinsam mit unter anderen der Veiner Stadmusek, der Philharmonie Esch-sur-Sûre und der Harmonie Municipale Concordia Remich am ersten von der luxemburgischen Regierung veranstalteten Wettbewerb für Musik- und Gesangvereine statt. Erst elf Jahre später wurde die Union Grand-Duc Adolphe, die Ugda, ins Leben berufen, die bis heute den nationalen Wettbewerb der Musikgesellschaften sowie den Concours luxembourgeois pour jeunes solistes veranstaltet.  

Zweifellos mangelt es dem Band an Kohärenz und Geschlossenheit. Der große Bogen, der die Ensembles chronologisch, gesellschaftlich und musikgeschichtlich miteinander hätte verknüpfen können, ist nicht präsent, da es sich bei den Texten um gesammelte Beiträge der einzelnen Vereine handelt. Dennoch gibt der 344-seitige Band einen interessanten Überblick über die Vielfalt der Musikgesellschaften des Großherzogtums und zeigt, welches Potenzial in Sachen Musikbildung und kulturellem Engagement in diesen Ensembles steckt. Insofern macht das Buch von John Rodenbour darauf aufmerksam, wie einzigartig und bedeutend diese Traditions-gesellschaften für die Entwicklung der Musikszene unseres Landes sind. 

Das Buch ist in gut sortierten Buchläden erhältlich oder kann unter der E-Mail-Adresse des Autors angefordert werden: jrod@pt.lu  

Marc Fiedler
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