Jetzt noch schnell. Jetzt wieder. Jetzt raus. Hier. Weg. In etwas, mit etwas, das rollt oder schwimmt oder abhebt, flugs. In ein fliegendes Zeug. Egal. Nur weg. Weit weg. Aus diesem Raum. Aus dieser Zeit. Es wird Zeit.
Bevor es zu spät wird. Gerade so ein Partyprickelfeeling, an diesen Tagen an denen der Tag groß ist und der Himmel himmelhochjauchzend. Wo alles drin ist. Noch. Noch drin ist. Es immer noch noch gibt. Noch mehr. Sommer. Meer. In der Nacht glühen Würmchen. Die Masken fliegen, wohin auch immer, die Menschen fliegen, wohin auch immer, meist alle an die gleichen Orte zwar. Sie heißen Traumziele. Sie stehen in den Zeitungen, die es komischerweise noch gibt, und schauen immer gleich aus. Eine Palme und Sand und Blau. Da wollen alle hin.
Die Stadt ist ein Sandkasten. Die Politiker*innen gehen zum City Breakfast. Lippenstifte werden wieder gekauft, die Frauen tragen plötzlich Pos statt Brüste, ein bisschen Abwechslung. In Esch ist die Kunst ausgebrochen.
So eine vibrierende Lebenslustigkeit. So ein Übermütchen. Zu lange nur überlebt. Aber jetzt! Alles über Bord werfen, und schnell an Bord, das Weite suchen. Bevor es wieder eng und ängstlich wird. Bevor die Wellen wieder über uns hereinbrechen, Hitze- und Coronawellen, Menschenwellen, bevor es kalt wird und Polarnacht und Herr Lauterbach wieder einzieht mit seinem Arztkoffer und seinem Blick.
Also hurtig, hiking und biking und backpacking oder wie man das sagt als Mensch der noch was zu sagen hat. Oder ab in ein trunkenes Schiff, voll geboosterter Boomer*innen. Einem mit unzähligen Pools und Wellness Arealen, jeder nach seinen Fähigkeiten, jede nach ihren Bedürfnissen, und Shopping Malls und Animation und Reanimation, einem total nachhaltigen Kreuzschiff, alles wird der kosmisch karmischen Erlösung zugeführt, der Koch tischt Meeresgestrüpp auf. Nicht nur. Auf einem dem Untergang geweihten Eiland sich den großen Zeh von putzigen kleinen Wellen abschlecken lassen, sinnend waten wie Frau Bärinziege. Kurz mit der Apokalypse flirten. Vielleicht noch ein paar putzige Einheimische schauen, leider nein, die Leute schauen jetzt alle so gleich aus. Überall immer.
So schön warm grad im Sandkasten in der Stadt. Auch schön. Sehr warm. Die Stadt lässt sich einiges einfallen, um ihren Einwohner*innen zu gefallen. Die können z.B. jetzt Patin oder Pate eines Baumes werden. Nicht immer nur eines Kindes mit Hautfarbe oder eines aussterbenden Meeresungeheuers. Nach dem Büro bringen sie ihrem Auserwählten einen Drink, prosten ihm zu, bevor sie schlafen gehen umarmen sie ihn. Win-Win-Situation, alle profitieren, wie die Luxemburger*innen sagen. Auf der Place de Paris steht neuerdings ein niedliches Skelett, die Leute sollen es schön haben. Auch die ohne Kreuzschiff.
Bevor es wieder losgeht. Alle wissen, dass es wieder los geht. Dass dann nichts mehr los ist. Wenn es dunkel wird und kalt, wird es sehr dunkel und kalt sein. Wird gemunkelt. Wird geunkt. Wir sehen uns hohläugig und in all unsere Pullover vergraben vor einem Kienspan schlottern. Das Wort Gas fällt. Die ganze Zeit. Gas. Gas. Gas. Es geht nur noch um Gas. Als gäbe es sonst nichts. Um Strom. Lauter solche Dinge. Es ist alles so profan geworden. Kohle. Wir wollen Poesie und Kunst und interessante Dinge essen, die wir dann posten, aber über Gas reden. Antisemitismus in der Kunst, Me Too bei Schauspieler*innen, die Schübe in unserer Zivilisation, wir wollen uns zünftig haten, wir wollen Vicky Krieps anhimmeln, und dann müssen wir uns über Gasleitungen Gedanken machen. So unterirdisch ist das. Über Atomkraftwerke diskutieren, wie out ist das, so out wie das Wort out. Dass Atom nachhaltig ist, weiß sowieso jedes Kind. Millionen Jahre hält so ein Plutonium, z.B., und das ist nur Halbwertzeit.
Dann kommt Lauterbach mit der Spritze. Einen Krieg gibt es ja anscheinend auch, ganz am Ende der Nachrichten. Einen analogen anscheinend. Aah ja, wir wollten ja noch lustig sein. Schnell jetzt.