Das Bezirksgericht Luxemburg entschied am Donnerstag den Verwaltern der Kaupthing Bank Luxembourg Aufschub zu gewähren und die Frist, während der die Bank Gläubigerschutz genießt, bis zum 9. Juni zu verlängern. Nachdem die Bank am 9. Oktober 2008 zahlungsunfähig wurde, hatten die Verwalter sechs Monate Zeit, um eine Wiederaufnahme der Geschäfte in die Wege zu leiten, andernfalls wäre ab dem 8. April automatisch zur Zwangsauflösung der Gesellschaft gekommen.
Nun stehen den Verwaltern zusätzlich zwei Monate zur Verfügung, um einen Käufer zu finden und einen Restrukturierungsplan zu verhandeln, dem die Interbank-Gläubiger zustimmen. Diese hatten am 16. März das Angebot des von der Libyan Investment Authority geleiteten Konsortiums abgelehnt. Laut Informationen des Land ist seither auch der Finanzinvestor J.C. Flowers an einer Übernahme der Kaupthing Luxemburg interessiert. „Wir bestätigen ein sehr starkes Interesse an der Kaupthing Bank Luxembourg“, sagte Carlo Rock, Berater von J.C. Flowers in Luxemburg. Bislang fehlt jedoch ein konkretes Angebot des Finanzinvestor. „Wir haben den Interbank-Gläubigern noch kein neues Angebot vorgelegt, sind uns aber bewusst, dass ihre Zustimmung für eine Übernahme der Bank unerlässlich ist“, so Rock weiter.
Nur 17 der 25 Bank-Gläubiger – zu denen auch die Luxemburger Zentralbank gehört, bei der Kaupthing Luxembourg ein Darlehen über rund 800 Millionen aufgenommen hatte –, stimmten dem Angebot des nordafrikanischen Bieterkonsortiums Mitte März zu. Ihr Anteil an der Schuldmasse beträgt 53 Prozent. Budgetminister Luc Frieden hatte seiner Wut über die Ablehnung des Plans bei der Alfi Spring Conference vor zwei Wochen Luft gemacht und kritisiert, dass einige der Banken wohl weniger an einer Wiedereröffnung der Kaupthing interessiert seien, als daran, einen Konkurrenten definitiv auszuschalten. Den Angaben des Vergleichsverwalters Franz Fayot zufolge wurde den Gläubigern kein nach nachgebessertes Angebot der Interessenten aus Nordafrika und dem mittleren Osten vorgelegt. „Es hat bisher keine neue Abstimmung gegeben“, sagte Fayot. „Wir haben aber mittlerweile eine relativ präzise Idee darüber, wie das Angebot aussehen muss, damit die Gläubiger zustimmen“, fügte er hinzu.
Für beide Interessenten war indes die Zeit, ein Angebot so auszuformulieren, dass eine neue Abstimmung stattfinden konnte, sehr knapp geworden. Deswegen hatten die Verwalter beim zuständigen Gericht eine Fristverlängerung beantragt. Für den Finanzinvestor Flowers sind dennoch einige Fragen offen. Im Dezember unterschrieb die Luxemburger Regierung mit dem nordafrikanischen Bieterkonsortium eine Absichtserklärung (MoU) zur Übernahme der Kaupthing Bank Luxembourg. Den Informationen des Land zufolge, gesteht dieses MoU diesen Kaufanwärtern bis zum geplanten Ende des Gläubigerschutzes am 8. April eine Exklusivität auf dem Geschäft zu. Deswegen ist derzeit nicht gewiss, ob die Unterstützungsversprechen der belgischen und Luxemburger Regierungen ebenfalls für den Bieter J.C. Flowers gelten würde. In Belgien ist derzeit ein Gesetz auf dem Instanzenweg, das vorsieht, dass der belgische Staat den Käufern der Kaupthing ein Darlehen von bis zu 160 Millionen Euro gewähren kann. Vergangenen Dezember hatte Luc Frieden angekündigt, Luxemburg könne im Falle einer Übernahme ein Darlehen von 150 Millionen Euro bereitstellen.
Die amerikanische Private Equity-Gruppe J.C. Flowers stand in den vergangenen Wochen in Deutschland im Rampenlicht, weil sich Firmenchef Christopher Flowers weigert, den verbleibenden Anteil von 22 Prozent seiner Gruppe an der maroden Hypo Real Estate aufzugeben. Die deutsche Regierung, die seit vergangenem Herbst fast 90 Milliarden Euro in die HRE gesteckt hat, um das Finanzinstitut vor dem Bankrott zu bewahren und damit eine ähnliche Kettenreaktion wie nach der Lehmann-Pleite zu verhindern, hat eigens ein Gesetz vorgelegt, um Flowers enteignen und die Kontrolle von HRE übernehmen zu können.
Für die US-Investoren dürfte von Vorteil sein, dass die Verhandlungen mit den Gläubigern bereits weit fortgeschritten sind und die Verwalter eine genaue Idee davon haben, was die Gläubiger verlangen. An Geld dürfte es dem Investor trotz der Probleme in Deutschland nicht mangeln. Im Frühling 2008 startete die J.C. Flowers [&] Co LLC einen Private Equity Fonds, in den die China Investment Corporation (CIC) Medienberichten zufolge zwischen drei und vier Milliarden Dollar eingazahlt hat. Geld, das noch nicht alles weiterinvestiert ist.
Interessant dürfte die Übernahme der Kaupthing für Flowers sein, weil davon Synergie-Effekte mit einer anderen, in Luxemburg ansässigen Firma der Flowers-Gruppe, der New Pel Group zu erwarten sind. New Pel Group ist in der Vermögensverwaltung und in der Finanzplanung für vermögende Kunden tätig, vor allem über den Weg von maßgeschneiderten Lebensversicherungsverträgen aber auch anderen Finanzprodukten, die sie im freien Dienstleistungsverkehr in Europa verkauft. Dabei sind sich Flowers’ und Kaupthing ohnehin nicht fremd. 2007 hatte Kaupthing bekannt gegeben, einem Konsortium unter Flowers Führung die niederländischen Firma NIBC abkaufen zu wollen. Die Isländer mussten das Vorhaben wegen zunehmend schwieriger werdenden Finanzierungsbedingungen letztlich aufgeben.
Die New Pel Group basiert auf dem ehemaligen Skandalversicherer Pan Euro Life, der 2001 wegen des Vorwurfs der organisierten Steuerhinterziehung mit den französischen Behörden in Konflikt geraten war. Im April 2007 änderte die Firma NGH oder Holding Kirchberg BV, alleiniger Anteilseigner der Versicherungsgesellschaft Pan Euro Life, den Namen der Gesellschaft in Private Estate Life um. Hinter NGH stecken unter anderem die Gesellschafter New Pel, die der kanadischen Firma JCF Life gehört, sowie NGH Holding und LifCorp, zwei Luxemburger Gesellschaften. LifCorp, die allerdings am 5. November 2008 aus der NGH ausstieg, ist wiederum zum Teil im Besitz der niederländischen Versicherungsgesellschaft Delta Lloyd, die 2007 zusammen mit ABN Amro eine Gesellschaft zum exklusiven Vertrieb der ABN-Versicherungsprodukte in den Niederlanden gründete. Seit dem Niedergang des Fortis-Konzerns gehört sowohl das niederländische Banken- wie auch das Versicherungsgeschäft von ABN und Fortis dem niederländischen Staat.
Doch nicht nur in den Niederlanden, auch in Luxemburg haben die Gesellschafter der New Pel Group beste Beziehungen in höchste gesellschaftliche Ebenen. Mitgesellschafter der NHG sowie der LifCorp ist ein gewisser Michel Wolter, dessen professionelle Anschrift in den Statuten der LifCorp 13, rue du Rost, Luxemburg lautet, Anschrift der CSV-Fraktion. J.C. Flowers hatte zudem vergangenen Frühling ein Angebot für den Versicherer Friends Provident abgegeben, dem der Luxemburger Lebensversicherungsspezialist Lombard gehört. Aus der Übernahme wurde jedoch nichts, da Friends Provident das Angebot als zu niedrig betrachtete. Ein Ausbau der Aktivitäten in Europa und in Luxemburg ist demnach schon länger Teil der Strategie der US-Investoren. Vergangenen Dezember erstand New Pel Group das Portfolio der Luxemburger Lex Life and Pension.
Nachdem das Amtsgericht den Verwaltern nun weitere zwei Monate gegeben hat, um die Kaupthing Bank Luxembourg aus der Insolvenz zu führen, will J.C. Flowers den Angaben von Carlo Rock zufolge den Kontakt mit den verschiedenen Parteien intensivieren. Dazu wird sicherlich neben den anderen Bankgläubigern auch die Luxemburger Zentralbank gehören. Die hat, wie alle anderen Gläubiger auch, dem Restrukturierungsplan von Glitnir Luxemburg zugestimmt, die daher laut Aussage des Verwalters Eric Collard, bald auf Gerichtsbeschluss hin zur freiwilligen Auflösung übergehen kann.